BauertothePeople (B2P) - Der Podcast hinter den Kulissen von deinem Essen

B2P-Live "Ackerdemics Edition" - Die Böden am Boden?

Episode Summary

Ökologische Notwendigkeiten und ökonomische Rahmenbedingungen

Episode Notes

In diesem Live-Podcast blicken wir zusammen mit unserem Gast, dem Ackerbauern Martin Schmit, auf die Gegenwart und Zukunft der heimischen Landwirtschaft. Martin führt inzwischen den elterlichen Betrieb im Burgenland und ist trotz seiner Jugend bereits ein absoluter Experte in den Bereichen Boden, Bodengesundheit und Bodenaufbau. Diese Folge ist besonders spannend, weil wir sowohl ökologische Aspekte des Bodens als auch die ökonomischen Zusammenhänge und Rahmenbedingungen betrachten.

Was passiert, wenn die Pachtpreise steigen? Zu welchen Veränderungen führt das in der Art und Weise, wie Böden bewirtschaftet und genutzt werden? Diese und viele weitere Fragen beleuchten wir in dieser Folge. Ein weiterer toller Beitrag eines Experten, um besser zu verstehen, was unsere Welt im Innersten zusammenhält.

Martin Schmit ist ein bekannter Gast im BauertothePeople-Podcast. Die bisherigen Folgen mit ihm findet ihr in den untenstehenden Links.

Dieser Live-Podcast ist Teil einer besonderen Serie im Rahmen der Lehrveranstaltung "Zukunftsfähiges Wirtschaften" an der Wirtschaftsuniversität Wien (WU). Gemeinsam mit rund 30 Studierenden lädt Willy Expertinnen und Experten aus (Land-) Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft ein, um mit ihnen über ihre Arbeit, ihre Perspektiven und ihr Leben zu sprechen. Natürlich wären es nicht die Live-Podcasts von BauertothePeople, wenn nicht auch ein paar Mikros aufgestellt würden, damit die Studierenden ihre eigenen Fragen stellen können.

Weil es einfach naheliegt, trägt diese Reihe den Titel "Ackerdemics" – auch wenn wir in unseren Diskussionen über die Landwirtschaft hinaus Wirtschaft und Gesellschaft beackern.

INFOS ZUR FOLGE
Biohof Martin Schmit
www.biohof-schmit.at
B2P035: Martina, Roman und Martin Schmit – Die Bio-Ackerbau-Familie
www.bauertothepeople.at/podcast/38
Ahaa! - Was ist der Nährstoffkreislauf?
www.bauertothepeople.at/podcast/52
Ahaa! - Was ist ein Bauer?
www.bauertothepeople.at/podcast/54
Ahaa! - Boden und Humus
www.bauertothepeople.at/podcast/57

Episode Transcription

Willy:

[0:00] Essen, Menschen, Landwirtschaft. Heute

 

Willy:

[0:02] machen wir einen Live-Podcast im Live-Podcast. Von für mit und durch.

 

Willy:

[0:06] BauertothePeople

 

Willy:

[0:07] Was, wer?

 

Willy:

[0:08] Und?

 

Willy:

[0:09] Und alle und alles dazwischen und rundherum. Los geht's.

 

Willy:

[0:13] Bauer to the People. Let me tell about Bauer to the People.

 

Willy:

[0:17] Grias Eich. Bauer to the People, Live-Podcast, wieder einmal im Spezialformat. Für das wir immer noch einen passenden Namen suchen. Arbeitstitel ist jetzt einmal B2B Ackerdemics mit CK. Und gerade heute ist der Titel eigentlich komplett aufgelegt. Wir sind heute wieder an der WU im Rahmen der Übung zum Thema zukunftsfähiges Wirtschaften. Und bei mir und bei meinen rund 30 studentischen Kolleginnen und Kollegen sitzt trotz seiner Jugend, würde ich mal sagen, ein alter Bekannter,

 

Willy:

[0:53] der Akademiker und Ackerbauer, Martin Schmidt. Martin, schön, dass du da bist. Kurzer Applaus.

 

Martin:

[1:05] Super, schön. Danke, dass ihr da seid.

 

Willy:

[1:08] Danke, dass du da bist. Ich freue mich auch.

 

Willy:

[1:10] Das ist schön.

 

Willy:

[1:12] Zukunftsfähiges Wirtschaften ist der Aufhänger dieser Reihe und eine positive Zukunft ohne fruchtbare Böden und ohne Landwirtschaft ist vermutlich ein bisschen schwer vorstellbar, glaube ich einmal. In der langen Folge 35 war der Martin schon mit seiner Familie bei uns zu Gast oder wir eigentlich bei Ihnen. Als Bodenspezialist hast du auch schon ein paar Aha-Momente für uns aufgezeichnet.

 

Willy:

[1:35] Und ja, vor ein paar Monaten warst du dann quasi im Interview auch da und hast über das Thema Pachtpreise auch gesprochen und auch über das wollen wir heute reden. Gerade über diesen Dialog mit den Pachtpreisen, ja, haben wir schon gesagt, wollen wir heute reden, aber auch ganz allgemein über Landwirtschaft, was es da für Themen gibt, was davon Interesse ist, was du auch konkret mit deiner Familie machst. Und noch ein letztes Wort, bevor wir dann endgültig losregen und ich ein bisschen zum Reden aufhöre, diese Aufzeichnung, die findet im Rahmen einer universitären Übung statt und ist somit quasi auch Teil der Lehre. Wir machen das also nicht nur für uns zwei da, weil wir das gerne über das Thema reden, sondern vor allem für die Studierenden und Studierenden, das klingt schon fast wie Politiker, hier im Raum, damit diese unterschiedlich Akteure in Bereichen, wie Wirtschaft, Landwirtschaft in deinem Fall, ganz praxisnah kennenlernen können. Und weil wir inzwischen schon vier Mikrofonkeulen hier im Raum verteilt haben, können die Studierenden diese Praxis nicht nur hören, sondern sie können ihr in diesem Fall, dem Martin Schmidt, auch Fragen stellen und mitdiskutieren. Und auf das freue ich mich jetzt schon einmal sehr.

 

Willy:

[2:48] Gut, jetzt habe ich viel geredet, das reicht jetzt irgendwie fürs Erste. Martin, erzähl uns doch einfach einmal, wer du bist, was du machst und wie du zur Landwirtschaft überhaupt gekommen bist.

 

Martin:

[2:58] Ja, hallo von meiner Seite, auch noch. Ich bin 33 Jahre alt, bin ein Burgenländer aus dem Bezirk Eisenstadt und habe in meinem Werdegang nach der Volksschule eine Gymnasiumunterstufe gemacht, dann HTL-Mechatronik in Eisenstadt, also einmal nichts mit Landwirtschaft und dann nach dem Bundesheer bin ich auf die BOKU gegangen und habe dort den Bachelor in Agrarwissenschaften gemacht und einen Master in Bauer ohne Tiere.

 

Martin:

[3:25] Nutzpflanzenwissenschaften, nennt man das. Und soweit ich mich zurückerinnern kann, wollte ich eigentlich immer schon ein Biobauer werden, also das ist ein Familienbetrieb. Meine Eltern haben das von deren Eltern übernommen. Ganz früher war das Gemischtbetrieb, den jeder zweite im Dorf gehabt hat, mit ein paar Hektar Acker und verschiedensten Tieren, ein paar Händeln, ein paar Rinder, ein paar Schweine und ein paar Weingärten. Meine Eltern haben dann begonnen, 1999 auf biologischen Ackerbau umzustellen und die Weingärten haben meine Großeltern weitergemacht, weil es ihnen gefallen hat. Die Tiere haben wir dann sein lassen, nach einem Zeitl eigentlich, und der Betrieb ist dann sukzessive gewachsen. Mein Vater war früher Kriminalbeamter, das heißt, das Ganze ist im Nebenerwerb eigentlich einmal bewirtschaftet worden und ja, im Laufe der Zeit bin ich da reingewachsen. Ich kann mich erinnern, mit zwei Jahren bin ich eigentlich schon im Maxi-Cosi wahrscheinlich damals am Traktor mitgekommen mit meinem Papa und die ersten Worte waren nach Mama und Papa Meme. Meme hat Mähdrescher gestanden. Das ist ein relativ kompliziertes Wort für einen Zweijährigen. Du Memme.

 

Martin:

[4:46] Ich habe das eben so genannt. Jedenfalls fasziniert hat mich das schon immer. Und ich glaube, diese Leidenschaft und die Liebe für das Ganze ist auch dadurch entstanden, dass mein Papa das im Nebenerwerb.

 

Martin:

[5:01] Er hat das nicht gemacht, weil es sein hat müssen, dass wir überleben können, sondern er hat das gemacht, weil es ihm gebraucht hat und er hat das aufgebaut, weil es ihm gebraucht hat. Da war nie ein Zwang dabei oder ein ich muss das machen, weil sonst überlebt man nicht oder sonst kommt man nicht über die Runden. Und diese Leidenschaft, die hat er eigentlich immer ausgestrahlt und das mit Herz dabei sein, das hat er irgendwie an mich weitergegeben und das habe ich heute noch. Das taugt mir heute noch irrsinnig. Ich freue mich jeden Tag, wenn ich arbeiten kann und ich könnte mir nichts Schöneres vorstellen, als ein Biobauer zu sein. Ich glaube, das ist einer der wichtigsten Berufe, neben vielleicht Medizin und, einigen wenigen, die es so gibt.

 

Martin:

[5:52] Ohne Bauern gäbe es uns alle schon lange nicht mehr.

 

Willy:

[5:54] Warum das?

 

Martin:

[5:58] Es könnte jeder natürlich selbst sein Essen produzieren, aber in der Gesellschaft, wo wir jetzt leben, wo ganz, ganz wenige Lebensmittel für ganz, ganz viele produzieren, wäre es ziemlich schnell vorbei, wenn sich niemand mehr um die Lebensmittelproduktion kümmert. Und der Großteil unserer Lebensmittel, der wächst nach wie vor auf fruchtbaren Böden. Ein kleiner Teil wird in Glashäusern, in Substraten sozusagen, produziert, wie zum Beispiel Tomaten oder Paprika oder Gurken. Aber der Großteil unserer Lebensmittel hat den Ursprung auf Boden.

 

Willy:

[6:34] Denkst du, wir steigen mal einfach gleich voll ins Thema ein, Biografie bauen wir dann so fließend wieder ein bisschen ein. Ist eine Landwirtschaft, weil man es oft hört, Landwirtschaft ohne Boden?

 

Willy:

[6:44] Wie weit oder wie viel vom Boden kann die Landwirtschaft substituieren? Also ist irgendwie eine komplette Landwirtschaft komplett ohne Boden denkbar?

 

Martin:

[6:52] Das ist eine große Frage.

 

Willy:

[6:56] Zukunftsfähiges Wirtschaften, ne?

 

Martin:

[6:58] Vielleicht irgendwann einmal, aber ich glaube, je weiter man sich von allen natürlichen Prozessen und Gesetzen entfernt und je mehr man künstlich produziert, desto größer werden die Probleme früher oder später. Insofern, ich glaube, ich muss man sich damit abfinden, dass wir den Boden brauchen, um überleben zu können. Ich glaube nicht, dass das irgendwann einmal Sinn machen wird, auf den Boden komplett zu verzichten oder ich glaube nicht, dass es möglich ist, irgendwann komplett darauf verzichten zu können. Aber ja.

 

Willy:

[7:31] Auf Thema Boden kommen wir nachher eh noch drauf. Ihr könnt es jederzeit gerne auf die Keulen schon in die Hand nehmen und Fragen stellen, wenn es irgendwie aktuell schon Themen gibt.

 

Willy:

[7:39] Du hast gesagt, der Papa hat diese Leidenschaft zur Landwirtschaft gehabt. Wie ist der Betrieb entstanden? Haben beide schon einen landwirtschaftlichen Betrieb gehabt und haben sie ihn dann zusammengelegt? Oder ist der von der Mama gekommen oder ist der vom Papa gekommen? Wie ist das entstanden? weil er war ja nebenbei noch Polizist und ist jetzt Lohntrescher. Du erklärst dir dann auch was, das ist vom Polizisten zum Lohntrescher.

 

Martin:

[8:00] Ja, also der Ursprungsbetrieb ist von der Seite meiner Mama. Ihre Großeltern haben diesen Betrieb, den ich vorher erklärt habe, gehabt und mein Vater ist da quer eingestiegen sozusagen. Der hat nie was mit der Landwirtschaft zu tun gehabt, außer Interesse. Und ja, als er mit meiner Mama zusammengekommen ist, hat er mit ihr beschlossen, den Betrieb weiterzuführen. Es war nämlich so, dass meine Großeltern zart Töchter gehabt haben und früher war das nur so, naja, jetzt kein Bub, dann macht keiner die Landwirtschaft weiter, das hat mir einer Frau damals nicht zugetraut, was heute Gott sei Dank ganz anders ist. Aber meine Mutter und ihre Schwester waren eigentlich, als sie, ja, sagen wir mal Jugendliche waren, war jetzt ziemlich klar, dass mein Opa diesen Betrieb früher oder später aufgeben wird. Und erst, als mein Papa in diese Familie gekommen ist, wurde beschlossen, dass man da weitermacht. Und so ist das entstanden. Und deswegen ist er auch eben Kriminalbeamter eigentlich vor Haus aus gewesen und jetzt nicht immer schon Bauer gewesen. Also er war ein Quereinsteiger und aus Interesse haben sie das weitergemacht.

 

Willy:

[9:09] Wir könnten die Folge jetzt eigentlich Tatort Acker nennen oder sowas.

 

Martin:

[9:12] Ja, da gibt es sogar schon einen Zeitungsbericht in Servus, glaube ich. Wirklich? Tatratacker mit einer zwei, ja genau. Das ist genau auf diesen Schmäh eingegangen worden, ja.

 

Willy:

[9:22] Super, super.

 

Willy:

[9:23] Kennst du den Schmäh noch gerne eigentlich, oder?

 

Martin:

[9:25] Ja, ich auf jeden Fall. Musst mir Pappen fragen, ob man noch gerne kann.

 

Willy:

[9:30] Gib uns eine kurze Beschreibung vom Betrieb. Wie groß ist der Betrieb? Was baut sie an?

 

Martin:

[9:35] Ja, mittlerweile bewirtschaften wir, also ich habe einen Betriebsteil und meine Mutter hat einen Betriebsteil und gemeinsam bewirtschaften wir ungefähr 260 Hektar ab heuer. Das ist mittelgroß für unsere Region. Also so ein Ackerbaubetrieb, der kann, wenn er so groß wäre wie früher, also damals hat er mal zwölf Hektar gehabt und dann hat mein Papa das eben mit der Zeit ein bisschen vergrößert, aber mit zwölf Hektar könnte man heutzutage überhaupt gar nicht mehr überleben. Zwölf Hektar Ackerbau, wir bewirtschaften jetzt ca. 260 ungefähr und haben eine Direktvermarktung. Produktvermarktung, das heißt ein Teil dessen, was wir produzieren, wird veredelt, nennt man das. Das heißt, es wird ein Produkt draus, das wird auch verpackt, bis es beim Endkunden landet und wir verkaufen es auch an den Endkunden. Darunter sind verschiedene Öle, wie Kürbiskernöl, Hanföl, Leinöl, Schwarzkimmelöl, Sonnenblumenöl.

 

Willy:

[10:40] Mächtig für Öl.

 

Martin:

[10:41] Viele Öle. Dann haben wir so Sachen wie Kichererbsen, Linden, Bohnen, Nudeln, Schokoladen in Kooperation mit der Firma Zotter, Popcornmais, Kräutersalz, Kekse und verschiedenste Kernel, die wir so produzieren und eine Granola. Das Portfolio wird stetig erweitert an und für sich und von diesen 260 Hektar, würde ich sagen, gehen so ungefähr... 20 Hektar über den Ladentisch in unserem Shop und über diese Veredelungsschiene und der Rest ist ein klassischer Bio-Markt-Fruchtbetrieb. Klassisch im Sinne von, die Vermarktung ist klassisch. Man erntet was und bringt es dann in großen Gebinden auf einen Anhänger zu den Abnehmern, in den Handel hinein und dort wird dann von den jeweiligen Händlern weiter entschieden, was damit passiert.

 

Willy:

[11:36] Erklär kurz einmal den Begriff Marktfru... Achso, ist da eine Frage, bitte.

 

Student:

[11:39] Ja, eben ist mir schon die Frage aufgekommen, als du meintest, dass sich deine Eltern 1999 schon auf Bioprodukte spezialisiert haben. Habe ich mich gefragt, ob das einfach rein aus Interesse war? Oder hat man damals schon gemerkt, dass sich das mit den Tieren nicht mehr lohnt? War das nicht mehr rentabel? Weil eigentlich war es ja damals noch nicht so zeitgemäß oder die Nachfrage nach Bioprodukten wahrscheinlich noch nicht so groß wie heute.

 

Martin:

[12:02] Das ist absolut richtig. Danke, dass du das einwendest. Meine Mutter war da immer schon fester Überzeugung davon, dass das der Weg ist, den sie einschlagen wollen. Wir haben davor, bevor wir selbst die Landwirtschaft umgestellt haben, schon die gesamte Speise in der Küche voller Bioprodukte gehabt, sofern es sie gegeben hat. Und das ist aus Überzeugung meiner Mutter sozusagen passiert.

 

Martin:

[12:29] Und mein Vater war da anfangs eigentlich sogar dagegen, weil es hat nur ganz, ganz wenige damals gegeben, die man sich als Vorbild nehmen konnte, als Biobauern. Und die haben eigentlich alles voller Umkraut gehabt. Das war alles sehr wenig vielversprechend, was die so auf ihren Fehlern zusammengebracht haben. Und das waren aber die Vorbilder, wo mein Vater gemeint hat, so ist Biolandwirtschaft. Sie haben sich dann aber die Mühe gemacht und haben sich ein bisschen in entfernteren Regionen umgeschaut bei anderen Bio-Bauern und dort ist mein Vater dann endgültig auch überzeugt worden, dass das funktioniert, wenn man sich gescheit darum kümmert und dass das eine Zukunft hat. Und da waren null wirtschaftliche Überlegungen damals dahinter, sondern reine Überzeugung. Und das Völlige Recht, 1999 war das noch ganz klar, das Thema. Also wir waren in unserer Umgebung nach diesen Einzelnen, die ich gerade genannt habe, mitunter die ersten, die da umgestellt haben.

 

Willy:

[13:33] Ich hätte dazu auch noch eine Frage. Gibt es außer der eigenen Überzeugung jetzt auf Bio umzustellen noch andere Anreize, die quasi jetzt ausschlaggebend sind, dass ein Betrieb umstellt auf Bio?

 

Martin:

[13:51] Der Einsatz von Pestiziden und Düngern ist durchaus auch teuer und ein Aufwand, sage ich jetzt einmal. Das war vielleicht damals ein bisschen ein Grund auch für manche umzustellen. Und es war dann in den 2000er Jahren sicherlich auch wirtschaftlich interessanter, als dann dieser Bio-Boom entstanden ist, wie dann ganz, ganz viel Werbung in den Medien gemacht worden ist dafür. Da sind die ganzen Biomarken entstanden, ja natürlich, zurück zum Ursprung. Alle großen Supermarktketten sind auf diesen Bio-Zug aufgesprungen. Da hat es natürlich einen Bedarf gegeben, also sowohl auf Seiten der Supermärkte, wenn man das bewirbt, gibt es ja plötzlich die Leute, die das kaufen und natürlich muss das ja irgendjemand produzieren und da sind die Preise gestiegen.

 

Martin:

[14:43] Und daraufhin sind sich ja auch einige Bauern auf Bio umgestiegen. Mittlerweile würde ich sagen, ist es ziemlich egal, ob du konventionell oder biologisch wirtschaftest, rein aus wirtschaftlichen Gründen. Also du kannst in beiden Systemen ungefähr das Gleiche erwirtschaften und sitzt nur um das Finanzielle.

 

Willy:

[15:05] Du hast gerade einen super Punkt angesprochen, nämlich den Lebensmitteleinzelhandel, kurz LEH. Damals eigentlich der Eli Hart, der dem Bio seinen Boom beschert hat, der dem Bio auch zum Durchbruch verholfen hat, eben mit diesen Eigenmarken von Spar, von Rewe etc. War das die Funktion des Handels eigentlich als Treiber einer positiven gesellschaftlichen Entwickler?

 

Martin:

[15:35] Ich kann es nur einschätzen, wissen du es nicht. Und ich war damals auch noch zu jung, um das wirklich aus erster Hand mitbekommen zu haben, weil ich war acht Jahre alt, 1999. Und ich denke mir halt, wenn ich als Lebensmitteleinzelhandel ein teures Produkt in die Regale stelle, dann habe ich eine größere Gewinnmarge. Und das war der Anreiz. Also so stelle ich mir das vor.

 

Willy:

[15:59] Warum habt ihr, du hast gesagt, umgestellt, danke auch für deine Frage, zum einen auf Bio und zum anderen habt ihr aufgehört, Tiere zu halten. Was war da die Entscheidung dafür und warum ist, glaube ich, in der Region generell nicht so verbreitet, die Tierhaltung?

 

Martin:

[16:13] Ja, die Schweinehaltung ist schon verbreitet bei uns. Milchvieh gibt es gar nicht. Naja, wir haben einzelne Tiere gehabt und der Stall oder die Stallungen damals von meinem Opa, die waren so irgendwie 20 Quadratmeter für drei Rinder und 30 Quadratmeter für sechs Schweine oder so. Und die Händel sind sowieso im ganzen Hof immer dumm gelaufen. Das war eher zu Selbstversorgungszwecken und vielleicht hat man einem Nachbarn noch einmal ein Stück Fleisch verkauft. Aber ja, das ist natürlich irrsinnig aufwendig und damals hat das Ganze halt begonnen, dann schon ein bisschen in Richtung, entweder du wirst größer oder du hörst damit auf, weil es nur als Liebhaberei, ja, macht man es halt nicht. Dann hat er, glaube ich, damals irgendwann einmal angefangen, dass es strengere Regeln bei der Schlachtung gibt. Mein Opa, der haben das alle nach dem Hof daheim angestochen und halt selber irgendwie verarbeitet. Und es wurde dann mit der Zeit natürlich alles verboten aus Hygienevorschriften und so weiter. Also da hat es immer mehr Vorschriften gegeben. Und du hast dich dann entscheiden können, entweder du baust einen großen Stall. Damals ist dann auch das Thema Spaltenböden und so weiter gekommen. Und meine Eltern haben sich einfach dagegen entschieden, weil sie weder Stall bauen wollten noch Tiere halten konnten, weil einer Interesse dem Ackerbau gegolten hat.

 

Willy:

[17:40] Es ist ja grundsätzlich so, dass in Teilen von Österreich gibt es dann mehr Milchviehhalt und dann gibt es wieder Regionen wie eure, wo viel Ackerbau ist.

 

Willy:

[17:48] Für Menschen, denen das noch nie gehört haben, woran liegt das eigentlich, dass sich das so regional aufteilt? Hat irgendwer eine Toschentüchel für mich.

 

Martin:

[17:57] Ich habe einen.

 

Willy:

[17:58] Danke.

 

Martin:

[18:01] Naja, die Milchviehhaltung ist eher dort, wo Grünland ist. Und Grünland ist nicht zufällig irgendwo, sondern es ist meistens dort, wo Flächen nicht einfach nur gerade sind, also wo es keine Hänge gibt, sondern meistens dort, wo es Hanglagen gibt. Dort gibt es Grünland.

 

Willy:

[18:24] Warum?

 

Martin:

[18:26] Wenn ich Ackerbau betreibe auf Hanglagen, dann ist das stark erosionsgefährdet. Wisst ihr, was Erosion ist? Wer weiß es nicht, dann erkläre ich es kurz. Gibt es jemanden, der es nicht weiß, was Erosion ist?

 

Willy:

[18:40] Okay, gut. Kann jeder.

 

Willy:

[18:41] Okay, cool.

 

Martin:

[18:42] Okay. Erosion ist etwas Furchtbares, weil das ist irreversibel bis zu einem hohen Grad. Wenn Erde irgendwo einmal runter schwimmt, dann ist das nicht mehr rückgängig machbar und das sollte man tunlichst verhindern. Und deswegen betreibt man in Hanglagen und Österreich hat viele Hanglagen, weil wir haben einen großen Teil, der mit Alpen ausgestattet ist unseres Landes. Und diese Hanglagen, die bieten sie eben eigentlich nur für Grünland an. Und die Nicht-Hanglagen, also dort, wo es flach ist, Burgenland, Nachfeld, Burgenland, Teile Oberösterreichs und generell Niederösterreichs, dort sind dann die fruchtbarsten Böden Österreichs und dort betreibt man eben Gabau. Und je gebirgiger, desto eher ist es Grünland oder je schlechter die Böden, dann vielleicht auch zum Teil Grünland.

 

Willy:

[19:39] Wir haben vorher schon über Bio geredet. Was unterscheidet jetzt deiner Ansicht nach am stärksten die biologische Landwirtschaft von der konventionellen Landwirtschaft im Ackerbau?

 

Martin:

[19:51] Ich finde, kann man so nicht sagen. Es ist nicht ein Schwarz-Weiß-Denken. Es ist auch nicht jeder Bio-Bauer gut und jeder konventionelle Bauer böse. Und es ist nicht alles, was die Bio-Landwirtschaft macht, automatisch und immer nachhaltig und gut für Böden. Und es ist auch nicht alles, was die konventionelle Landwirtschaft macht, automatisch schlecht und nicht nachhaltig für Böden. Es hat sich in den letzten Jahren da ein neuer Begriff entwickelt, der in vieler Munde ist, noch nicht in aller, aber das sollte mittlerweile der neue Standard werden und das heißt regenerative Landwirtschaft. Dazu muss man wissen, dass Böden nicht vor Haus aus und Gott gegeben einfach fruchtbar sind und dass man das einfach bewirtschaften kann und jedes Jahr dort was wegnehmen kann und ernten kann und das bleibt einfach so. Das ist nicht der Fall. Das Gegenteil ist eigentlich der Fall und wir sollten mittlerweile in der Landwirtschaft auf einen Weg kommen, wo man Böden nicht mehr zerstört und auch nicht mehr so belässt, wie sie jetzt sind, sondern wir sollten eigentlich dafür sorgen, dass die regenerativ bewirtschaftet werden und die Fruchtbarkeit der Böden wieder steigt.

 

Martin:

[21:11] Beiderlei Wirtschaftsformen, das ist ja nur die offizielle Bezeichnung. Konventionell heißt in der offiziellen Bezeichnung, man darf chemisch-synthetisch hergestellte Düngemittel einsetzen und man darf chemisch-synthetisch hergestellte Pflanzenschutzmittel einsetzen. Diese beiden Dinge darf in der Biolandwirtschaft nicht, aber das Thema ist viel, viel größer, als dass es nur um die zwei Dinger geht. Und das dann, wie viel, in welcher Form und noch viele, viele andere Fragen ist viel entscheidender, als ob man jetzt bio oder konventionell laut offizieller Definition wirtschaftet.

 

Willy:

[21:47] Thema Boden finde ich spannend. Wir haben vor kurzem auf der Plattform die Frage gestellt, Boden, Erde, Humus, was ist da eigentlich der Unterschied? Und ich glaube, meiner Meinung nach, und ich gehe da von mir aus, wir wissen viel zu wenig über Boden. Das ist so immer schon da gewesen und dann hat man was drauf und dann wächst irgendwas aus dem Boden raus und die Veränderung vom Boden, das ist ja auch so eine langsame. Es ist nicht so, dass man quasi ein Jahr was anbaut und nächstes Jahr ist der Boden weg und es wächst gar nichts mehr, sondern das ist, ich glaube, ich habe es irgendwann einmal gehabt, die Tragik der Salami. Du merkst es nicht, dass einfach irgendwas schlechter wird, aber irgendwann ist es weg. Du siehst es nicht, weil es einfach ganz kleine Schritte sind. Erklär doch einmal für Menschen wie mich, die jetzt wenig Ahnung davon haben, was ist die Funktion des Bodens, was ist da eigentlich drinnen und wie kann man den kaputt machen oder auslaugen und wie kann man den, oder kann man den überhaupt wieder aufbauen? Das ist ein Spezialthema.

 

Martin:

[22:48] Naja, einmal an euch die Frage, wie würdet ihr Boden beschreiben, was ist das, woraus besteht so ein Boden? Vorher geht es da raus, im Brater, in der Wiese, Spatenstich, nehmt eine Hand voll, was ist das genau?

 

Willy:

[23:04] Wir warten jetzt so lange, bis wir was sagen.

 

Martin:

[23:05] Welche chemischen Elemente sind da drin vielleicht, egal was euch einpällt, was ist der Hauptbestandteil von dieser braunen Substanz?

 

Willy:

[23:13] Herr Professor, Mikro. Servus, ich bin der Thomas. Ich glaube, Brat ist ein super schlechtes Beispiel. Ich glaube, da könnte ziemlich viel Urin und Substanzen drin sein. Aber so ein Boden wird wahrscheinlich bestehen aus einem Humus, also einem fruchtbaren Boden, dann darüber die Erde. Und das Ganze, glaube ich, heißt Boden dann, wo du draufsteigst.

 

Martin:

[23:33] Ja, aber was sind die Einzelteile? Woraus besteht das?

 

Willy:

[23:37] Aus irgendwelchen Organismen am besten, also irgendwelche Würmer oder Bakterien, Viren.

 

Martin:

[23:42] Okay, Organismen sind drin, ja, das stimmt, aber zwischen den Organismen. Es besteht ja nicht nur aus Organismen. Was ist der Rest?

 

Willy:

[23:51] Also ich habe mal hier gelesen, dass Phosphor ein ganz wichtiges Thema ist bei Boden. Und generell ist es natürlich schwierig, glaube ich, wenn du Lebensmittel anbaust und sie dann quasi erntest, dass dann nichts mehr übrig bleibt, so wie es in der restlichen Natur eigentlich immer läuft, dass beispielsweise Fallobst oder so den Boden dann wieder nähert. Deswegen muss man natürlich wieder irgendwas zusetzen. Da kenne ich mich jetzt mal nicht so aus.

 

Martin:

[24:15] Das ist viel Richtiges dabei gewesen. Also Phosphor ist drin, das ist richtig. Aber es besteht nicht nur aus Phosphor und Organismen, der Boden. Was glaubt es noch?

 

Student:

[24:24] Also es besteht auch aus Stickstoff. Das ist auch wichtig. So, was ich weiß, wenn man eine Fruchtfolge betreibt, dann lockt man ja mit gewissen Gemüse- oder Anbausorten den Boden aus und du musst ihnen auch wieder was dazugeben. Und da nutzt man oft Leguminosen, also so Klee, damit du das zwischen den verschiedenen angebauten Gemüse wiederverwendest, damit du den Boden auch etwas wieder zurückgibst, anstatt eben ständig nur zu zehren.

 

Martin:

[24:53] Okay, da sind wir beim Thema Nährstoffe viel Richtiges dabei gewesen. Wir haben Fosso wie ein Stickstoff, okay. Und die harte Substanz im Boden, was ist das? Das, was nicht Organismen sind, woraus besteht das?

 

Student:

[25:07] Ich hätte nur gesagt, Wasser ist vielleicht auch noch dabei.

 

Martin:

[25:10] Ja, definitiv.

 

Student:

[25:11] Steine, keine Ahnung.

 

Martin:

[25:14] Darauf wollte ich hinaus. Steine.

 

Willy:

[25:16] Auf die Steine.

 

Martin:

[25:18] Und zwar fein vermalenes Gestein. Es hat viele, viele Millionen Jahre gedauert, bis wir fruchtbaren Boden haben. Oder zumindest zehntausende Jahre. Und die Hauptsubstanz im Boden ist fein vermalenes Gestein. Also Gestein, das durch chemische, physikalische und biologische Verbitterung immer kleiner worden ist. Jetzt sind wir da irgendwo im Bereich zwischen 0, irgendwas Mikrometer und mehreren Mikrometer bis Millimeter. Und ab einer gewissen Größenordnung von Gestein an Gestein, kann sich durch die Oberflächenspannung von Wasser in so einem Boden Wasser halten, von selbst. Das verschwindet dann nicht einfach. Also wenn ihr euch jetzt ein Glas mit Golfbällen vorstellt und ihr lade Wasser rein, das rennt durch, wenn man unten ein Loch rein macht. Wenn ich Sand nehme, dann wird es langsamer durchrinnen und wenn ich Ton nehme, dann kann es das Wasser halten. Also es besteht ein Boden zu großen Teilen, da reden wir vor 95%, die feste Substanz ist Gestein, verschiedenes Gestein. Je nachdem, was das Ausgangsgestein war im Untergrund, ist der Boden dann anders, aber was den Boden dann erst fruchtbar macht, ist eine andere Substanz. Habt ihr eine Idee? Was macht den Boden fruchtbar? Sonst könnt ihr ja einfach ganz leicht künstlich Boden herstellen, könnt ihr einfach Gesteine vermahlen und der wäre fruchtbar. Was ist das, was den fruchtbar macht?

 

Student:

[26:46] Hummus.

 

Willy:

[26:46] Richtig.

 

Martin:

[26:48] Und wo aus besteht jetzt Hummus?

 

Willy:

[26:49] Das ist doch was, was auf einem Brot hat, oder?

 

Student:

[26:55] Aus zersetzten Blättern, Mikronährstoffen, alles einfach zersetzte Organismen.

 

Martin:

[27:06] Organische Substanz, die aber in vielen, vielen hunderttausenden und Millionen Schritten auf-, um- und abgebaut wird ständig. Und Humus ist eine derart komplexe Substanz, dass wir im Jahr 2024 als Menschen noch nicht in der Lage sind, diese Substanz künstlich herzustellen. Das ist beeindruckend und besorgniserregend, finde ich, weil wir können am Mond fliegen, wir können vielleicht bald am Mars fliegen, wir können jetzt sofort nach Australien telefonieren, wir können innerhalb von einem Jahr einen Corona-Impfstoff entwickeln, ob das gut oder schlecht ist, sei dahingestellt, aber was wir nicht können, ist Humus künstlich herstellen und das ist die Schlüsselsubstanz, die Böden fruchtbar macht und die Schlüsselsubstanz, die uns alle eigentlich ernährt. Vor dem haben wir eigentlich nur wenige Prozent, zwei, drei, vier, fünf Prozent im Boden. Und das ist nicht, genauso wie ich vorher schon gesagt habe, gottgegeben. Und das ist auch nicht einfach für immer da und unzerstörbar. Das hat sich über viele Jahrtausende aufgebaut.

 

Martin:

[28:19] Und als Landwirtschaft, vor allem als industrielle Landwirtschaft und intensive Landwirtschaft und übrigens sowohl biologisch als auch konventionell, ist jeder Eingriff in den Boden, egal ob das jetzt mechanisch oder chemisch ist, ein an und für sich Negatives für dieses Rekosystemboden. Das heißt, wir Bauern sind eigentlich K-Sägen für fruchtbaren Boden. Wir nutzen ja, bauen dort was an und das Beste und Regenerativste für so einen Boden wäre eigentlich, wenn man ihn in Ruhe lässt. Denkt an eine einsame Insel, irgendwo im gemäßigten Klima, wo kein Mensch ist.

 

Willy:

[29:05] Wie schaut ihr aus?

 

Willy:

[29:11] Schön vermutlich.

 

Martin:

[29:13] Ich will auf etwas anderes hinaus.

 

Willy:

[29:16] Die schaut so aus. Die Antworten kommt.

 

Martin:

[29:18] Ja, wie ist die Oberfläche? Was ist das? Gibt es das Leben? Gibt es das Kanz? Gibt es das Klanzen? Gibt es keine im gemäßigten Klima? Irgendeine einsame Insel, wo der Mensch nichts berührt? Also ich würde mal schätzen, da gibt es viel, was sich das selber reguliert. Also die Tierwelt wird wahrscheinlich nicht übermäßig vorhanden sein, sondern in genau dem Maße, wie es halt einfach ist, wenn nicht eingegriffen wird, weil sie sich halt selber reguliert. Und die Pflanzenwelt wird eher verwildert sein, aber auch nicht so doll, dass die Insel unbetretbar sein wird. Sondern die Natur, es ist ja jetzt nicht so, dass bevor der Mensch da war, immer mehr Natur kam und die ganze Erde voll war mit Natur. Also ich glaube, der Einfluss des Menschen auf Natur ist nicht so wichtig, damit sie sich selber reguliert, oder?

 

Martin:

[30:19] Regulieren muss keiner was natürlich. Worauf ich hinaus wollte, ist, auf jedem Quadratmillimeter auf dieser einsamen Insel im gemäßigten Klima wird vermutlich irgendeine Pflanze wachsen. Darauf wollte ich hinaus. Also wenn ich jetzt aufhöre, meine 260 Hektar zu bewirtschaften, was wird dort passieren? Als erstes wachsen dort Pionierpflanzen, also die Pionierunkräuter. Dann werden dort Gräser wachsen. Das sind dann die nächsten nach den Pionierpflanzen. Irgendwann verbuscht es und dann verwaldet es. Wenn ich das komplett in Ruhe lasse. Das kann man beobachten, wenn irgendwo, wenn ich mal am Land laufen geht und irgendwer lasse seinen Weingarten einfach nur liegen und tut nichts mehr damit. Irgendwann stehen dort Barmer. Das ist ein Dickicht an Bäumen und Gestrüpp. Also Boden will ständig bewachsen sein. Boden will nicht nackt sein. Das tut einem nicht gut. Immer wenn Sonne auf Boden trifft, passiert was Furchtbares an und für sich. Jetzt muss man wissen, wenn man so eine Hand für Boden nimmt, Hand für fruchtbaren Boden, wie viele Lebewesen sind da drin, glaubt ihr? Inklusive aller Pilze und Mikroorganismen und natürlich Regenkirma, Tasseln, Springschwänze, Insekten. Alles, was ihr euch vorstellen könnt, wie viele Lebewesen sind da drin? Schätzt es einmal.

 

Student:

[31:44] Ich würde sagen, ein paar Millionen.

 

Willy:

[31:48] Ja, ich habe gesagt, ich mache das.

 

Student:

[31:49] Ich hätte gesagt, so um Milliarde, ich habe es irgendwo mal gelesen, also es sind schon, man kann sich nicht wirklich vorstellen, wie viele Arten von Pilzen es gibt und die sind so klein, dass man auch in einer kleinen Hand sich nicht vorstellen kann, wie viele da drin sind.

 

Martin:

[32:02] Genau, ja. Es sind, magst du, dass er noch was sagt?

 

Willy:

[32:07] Ja, ich glaube, er wollte auch noch was sagen. Er wollte auch noch schätzen.

 

Martin:

[32:10] Ja, am Anfang wollte ich einfach nur sagen, so zehn, aber es gibt es anscheinend mehr, ja. Es sind ungefähr so viele Menschen auf der Erde, in einer Handvoll, also mehrere Milliarden. Jetzt stellt euch einmal vor, wie viele Londons, New Yorks, Wiens, Eisenstadt, Linz, wo kommst du her? Ursprünglich Salzburgs, wurscht was, in so einer Handvoll ein Leben drinnen ist. Das ist unvorstellbar. Und jedes Mal, wenn jetzt ein Bauer, egal was, egal ob der Spritzen fährt oder ob der Bio-Bauer mit seinem Bodenbearbeitungsgerät fährt, im Boden irgendwas macht, dann stört er das. Er zerstört auch was. Wenn wir jetzt was Zerstören da drin, zum Beispiel Bodenbearbeitung machen.

 

Martin:

[32:59] Dann kommt da der Sauerstoff hin. Und wenn das alles umgraben wird und das sterben Lebewesen ab, dann beginnt sofort der nächste Zersetzungsprozess. Das kann man ja nicht abtöten, dieses System. Und das will man logischerweise auch nicht. Und wenn wir da jetzt Boden bearbeiten und Sauerstoff einbringen, dann wird Humus mineralisiert, nennt man das. Also verbrannt, kann man dazu auch sagen, oder verarbeitet, zersetzt. Also der Humus, diese riesigen Moleküle, die unbeschreiblich groß sind, also das sind viele Kohlenstoffatome, ganz, ganz viele andere Nährstoffatome.

 

Martin:

[33:34] Angeklebt an diese Moleküle, die werden zersetzt von den Mikroorganismen und Lebewesen, die da drin sind. Und es werden Nährstoffe frei. Was erstmal gut ist, weil diese Nährstoffe, die da frei werden, die ernähren unsere Pflanzen, die wir dort anbauen. Jetzt haben wir da ein Kapital für ein paar Prozent Humus in unserem Boden. Den haben wir entdeckt, wie wir angefangen haben, nicht mehr Jäger und Sammler zu sein, sondern sesshafte Siedlungen zu etablieren und Landwirtschaft zu betreiben. Und seit wir Landwirtschaft betreiben, haben wir das ja eigentlich so gemacht, dass viele, viele Leute da immer wieder so eine Fruchtfolge gemacht haben und haben ein paar Tiere gehabt und alles, was da ausgeschieden worden ist, sowohl von den Menschen als auch von den Tieren, ist wieder zurückgekommen auf die Felder Und irgendwann nach dem Krieg ist die

 

Martin:

[34:26] Landwirtschaft stark verändert worden. Also die Betriebe sind gewachsen. Viel, viel weniger Leute arbeiten jetzt in der Landwirtschaft. Und diese wenigen fahren natürlich mit Maschinen. Die haben sich spezialisiert. Viele haben gar keine Tiere, so wie wir zum Beispiel. Andere haben halt eine Tierart. Und alles, was da jetzt an Zeug produziert wird, nehmen wir aus diesem System.

 

Willy:

[34:51] Wir ernten was.

 

Martin:

[34:53] Nehmen das aus dem System raus. Bringen sie in die menschliche Ernährung oder in die Tierfutterherstellung und das kommt dort nicht mehr Druck auf den Acker. Ihr müsst euch vorstellen, seit einigen Jahrzehnten bearbeiten wir diese Böden und verbrennen Humus, ernten was, verbrennen Humus, ernten was, nehmen mehrere Tonnen vom nährstoffreichsten Material, weil sonst würde man ja nicht die Körner essen, sondern irgendwas anderes. Wir leben ja von dem nährstoffreichen Material, das du wachst und nehmen das weg. Wie kann man das wieder zurückbringen? Wo landet das am Ende?

 

Martin:

[35:35] Es landet in der Kläranlage, vermischt mit allem, was in der Waschmaschine, im Geschirrspuller, in der Dusche, beim Zähneputzen, in jedem Krankenhaus, bei allen Medikamentengaben und so weiter anfällt. Das wird gemischt irgendwo, gesammelt in der Kläranlage, mit allen Nährstoffen, die da auch drin sind. Da sind viele Nährstoffe drin, das ist ein Phosphor, du hast das gehört, oder?

 

Martin:

[36:00] Dieser Phosphor und alle anderen Nährstoffe sind damit raus aus dem System. Wir dürfen das auch nicht mehr zurückbringen, zumindest in der Biolandwirtschaft dürfen wir das nicht mehr ausbringen auf unseren Feldern, diesen Klärschlamm, weil da zu viele, Substanzen und chemische Elemente drin sind, die nicht gut sind für den Boden und auch für das, was wir dann dort wieder ernten. Weil das, was im Boden ist, nimmt die Pflanze auf und irgendwann haben wir es ja selber in unserem Kreislauf drinnen. Da sind ja auch viele Hormone drinnen und alles Mögliche. Denkt an die Verhütung. Alles, was an Hormonen im Klo landet, was ausgeschieden wird, landet in der Kläranlage, landet dort drinnen. Wenn ich das wieder auf den Boden zurückbringe, hat das einen Einfluss. So, und jetzt sind wir da auf dem Punkt, wo wir sehen in der Landwirtschaft, dass man es noch nicht weitermachen kann. Dass man nicht einfach nur jedes Jahr was wegnehmen kann, weil irgendwann ist der Pool an Nährstoffen und auch die Menge an Humus, die einmal vorhanden war, so niedrig, dass man keine Erträge mehr erwirtschaften kann. Darauf ist man natürlich schon länger drauf gekommen. Jetzt hat aber viele, viele Jahre und Jahrzehnte der Großteil der industriellen Landwirtschaft, sage ich jetzt einmal, das nicht da haben wollen oder sich nicht darum kümmert.

 

Willy:

[37:26] Man hat die wichtigsten Nährstoffe,

 

Martin:

[37:28] Das ist Stickstoff, wie du vorhin gesagt hast, Phosphor, Kalium, dann vielleicht noch Schwefel, Calcium, Magnesium.

 

Willy:

[37:37] Gut zur Prüfung.

 

Martin:

[37:38] Das sind die wichtigsten Nährstoffe, die hat man wieder zurückgebracht. Aber natürlich ist das nicht alles, was es braucht. Und natürlich, früher oder später, wenn wir keinen Humus mehr haben, dann können wir da nichts mehr anbauen. Weil dieser Humus, der stellt uns nicht nur Nährstoffe zur Verfügung, sondern der sorgt auch dafür, dass Boden riesig viel Wasser speichern kann, dass wir dort überhaupt Leben haben und dass dort überhaupt was wachsen kann. Also auch das müssen wir schauen, dass das nicht, gegen Null geht, dieser Humusgehalt. Sonst haben wir keine fruchtbaren Böden mehr. Und da sind die Herausforderungen.

 

Willy:

[38:20] Wie weit sind wir da jetzt? Weil das ist ja genau die Ursprungsfrage gewesen. Haben wir angefangen mit 17 Meter Humus oder mit einem Meter Humus und wo sind wir hier jetzt? Weil seitdem ich denken kann, jetzt bin ich doch schon mit 44 Jahren schon mitteljung, auf die Vödel rund um mich ist immer was gewachsen.

 

Willy:

[38:38] Immer.

 

Willy:

[38:39] Ich habe noch kein Vödel gesehen, zumindest nicht bewusst, wo dann nichts mehr wächst oder wo Sie sagen, auf dem Viertel wächst jetzt nichts mehr oder in dem Landstrich. Das heißt, ist der Humus eh noch unendlich und sind wir da jetzt von 16 Metern, Humus haben wir da jetzt so einen Meter abgetragen oder wie weit sind wir denn davon entfernt, dass auf unseren Böden nichts mehr wächst oder wie muss ich mir das vorstellen, damit ich das auch, weil das Problem ist, glaube ich, was ich damit sagen will, es berührt mich nicht, weil es wächst immer was. Ich gehe raus, sehe, da wächst was, okay, Problem abgehackt, kognitive Dissonanz, wie man es jetzt irgendwie glaubt hat, kein Problem. Ich kann das so weitermachen. Woran erkenne ich? A, dass Böden schlechter werden. B, wie lange können wir denn noch?

 

Martin:

[39:20] Das ist irrsinnig tückisch, weil es ein schlechender Prozess ist. Magst du eine Frage stellen?

 

Student:

[39:24] Ja, ich würde da direkt einer anschließen, weil ich habe jetzt noch nicht ganz verstanden, ob es eine Methode mittlerweile gibt, das wiederherzustellen oder nicht. Schließt an die Frage eigentlich an. Vielleicht kannst du es beides dann eins beantworten.

 

Willy:

[39:36] Okay, ich versuche es.

 

Martin:

[39:38] Wenn etwas offen bleibt, dann einfach noch einmal erinnern.

 

Willy:

[39:41] Ja.

 

Martin:

[39:43] Allgemein kann man sagen, und das ist so der Thema, der bekannt ist, dass in den letzten Jahrzehnten der Humus-Gehalt ungefähr um 50% zurückgegangen ist. Das ist jetzt natürlich überschlagen über alles und das kommt sehr, sehr stark auf den einzelnen Betrieb an und auf die einzelne Region und auf den Boden. Aber allgemein kann man sagen, das ist stark reduziert worden in den letzten Jahrzehnten. Und allgemein kann man auch sagen, es gibt glaube ich eine Dokumentation in Deutschland, die behauptet, 60 Ernten noch, dann ist Schluss.

 

Willy:

[40:15] Deshalb das jetzt mein Zoll, 60 Ernten. Das heißt, 60 Jahre, oder?

 

Martin:

[40:19] Ja, theoretisch würde das bedeuten, 60 Jahre noch, dann ist Schluss, dann wächst uns nichts mehr. Das kann man jetzt so nicht unterschreiben.

 

Willy:

[40:28] Ihr erlebt das alle noch. Ihr müsst jetzt aufgerassen, ihr seid es dann noch auf der Welt, ich bin dann schon weg.

 

Martin:

[40:33] Natürlich unter dem Vorwand, wenn es so weiter geht wie bis jetzt. Und natürlich wächst dann nicht gar nichts mehr. Aber irgendwann gibt es natürlich Kipppunkte, wo auf der einen Seite dadurch, dass sie so dermaßen degradiert sind, auch dem Klimawandel nichts mehr entgegensetzen können. Und auch dann diese Wetterextreme, die wir jetzt haben. Sprich, bei uns war es heuer so, im Mai, Juni haben wir 250 Liter Regen gehabt. Dann drei Monate nix und im September wieder 250 Liter. Und in der Zwischenzeit muss ein Boden, aber solange das Wasser für die Pflanze zur Verfügung stellen, dass die dann nicht stirbt in diesen drei Monaten, wo es so trocken und heiß ist. Und je besser dieser Boden mit Humus versorgt ist, je lebendiger der ist und je besser dessen Allgemeinzustand ist, desto länger kann ein Boden Wasser halten. Jetzt haben wir da eine konkrete Zahl mit 60 Ernten noch. Wie gesagt, es kommt darauf an. Was man weiß, ist, dass Böden in einem furchtbaren

 

Martin:

[41:37] Zustand sind, allgemein gesagt, und dass man massiv dagegen steuern muss. Und dass es nicht mehr reicht, den jetzigen Zustand zu erhalten, sondern dass man sich eigentlich bemühen muss, das aufzubauen. Und das kann man folgendermaßen machen.

 

Willy:

[41:52] Man kann es aufbauen.

 

Martin:

[41:53] Man kann es aufbauen, ja. Das ist die positive Nachricht. Man kann das auch wieder rückgängig machen. Es ist aber irrsinnig schwierig, gleichzeitig als Betrieb, der natürlich auch wirtschaftlich überleben muss, dort Erträge zu erwirtschaften und finanziell davon leben zu können und regenerativ zu wirtschaften. Das birgt viele Risiken und viele Herausforderungen. Wie man das jetzt machen kann, ist Folgendes. Organisches Material, aus dem besteht der Humus, müssen wir mal zuführen. Wie machen wir das?

 

Martin:

[42:30] Einerseits kann man das über Zwischenfrüchte oder Untersaaten machen. Das heißt, nach dem Credo, solange es irgendwie möglich ist, muss dieser Boden bedeckt sein. Also ich darf dort nicht einfach nur, so wie es häufig passiert ist in den letzten Jahrzehnten, meine Hauptkultur, das ist das, wo ich was ernte, wo ich dann auch letztendlich davon lebe, dort anbauen, dann ernten und dann lasse ich den Acker schwarz liegen, also nackt, und dann baue ich die nächste Kultur hin und haue immer wieder einen Dünger drauf, sondern zwischen einer Hauptkultur und der nächsten muss dieser Boden grün sein und sollte möglichst viel Pflanzenmaterial ins Wachstum bringen, weil die Sonne scheint aber eh ständig drauf und immer wenn Sonnenlicht da ist, sollte dort auch eine grüne Pflanze sein, weil was macht eine grüne Pflanze? Photosynthese, mit Sonnenenergie und Kohlendioxid produziert die Zucker und ihre eigenen ihre eigenen Plus für die.

 

Martin:

[43:38] Und ihre eigenen Stoffe, die sie fürs Wachstum benötigt. Wenn die Pflanze dann stirbt, dann haben alle unsere 8 Milliarden Mikroorganismen einen Festtag, weil die haben dann was zu tun. Aber, so einfach ist das nicht, jede Pflanze hat ja eine Wurzel, Und die ist eigentlich noch mehr dafür verantwortlich, dass Humus aufgebaut wird. Jetzt muss man wissen, und das ist jetzt so tief in der Materie drinnen, ich rauche schon die Köpfe, ich sehe es euch an, aber wenn es zu kompliziert wird, dann einfach kurz eine Frage zwischendurch stellen. Was ich sagen will, eine Pflanze produziert Zucker, haben wir gerade gehört, mit ihrer Photosynthese. So, ich schicke jetzt einen großen Teil, das sind 50 bis 70 Prozent der Zucker in den Boden und ernähre damit Mikroorganismen, diese 8 Milliarden. Und die stellen der Pflanze dann Nährstoffe und Nährstoffgebinde zur Verfügung, die die Pflanze wiederum fürs eigene Wachstum braucht. Es ist ein ständiges Miteinanderarbeiten. Und immer wenn Kohlenstoff da auch rauskommt aus der Pflanzenwurzel in Form von Zucker oder was auch immer, wird das halt umgebaut und mit der Zeit entstehen da größere, längere Moleküle und irgendwann entsteht auch Humus draus.

 

Martin:

[44:57] Ja, das heißt, nach dem Credo ständig bewachsen, möglichst wenig Bodenbearbeitung. Vorher habe ich schon erklärt, immer wenn ich den Boden bearbeite, wenn ich da Sauerstoff einbringe, dann verbrenne ich Humus. Jetzt stehe ich aber in einem Interessenskonflikt. Weil wenn ich den Boden gar nicht mehr bearbeite, dann habe ich einmal Problem Nummer eins. Als Biobauer muss ich irgendwie dafür sorgen, dass auf dem Boden wirklich das wächst, was ich dort anbaue und was ich dann ernten will. Sprich, unerwünschte Unkräuter oder Ungräser muss ich irgendwie beseitigen. Die werden halt eben einfach mechanisch beseitigt, also durch Bodenbearbeitung. Und immer wenn ich eine Bodenbearbeitung mache, wird ein Teil vom Humus sozusagen verbrannt. Und jetzt gibt es aber zwischen Bodenbearbeitung und Bodenbearbeitung einfach tausend Möglichkeiten. Und da wird es dann kompliziert. Dazu beschäftigt man sich ja auch so viel damit. Und da ist eine Frage.

 

Student:

[45:58] Ja, ich habe das letztens von einem Bekannten von mir gehört. Der ist auch Landwirt im Burgenland. Und der hat davon erzählt, dass sich das einfach geldtechnisch nicht mehr lohnt, dafür eine gepachtete Fläche von denen wirklich einen Ackerbau zu betreiben. Also zum Beispiel mit Kartoffeln oder so. Und dass sie das jetzt quasi aufgegeben haben für die nächsten Jahre und stattdessen aber diese Fläche weiterpachten und da sowas anpflanzen wie so Glühwiesen oder so und dafür auch Förderung vom Staat bekommen, würde das dann quasi auch, also wenn man das jetzt sozusagen, keine Ahnung, die nächsten drei, vier, fünf Jahre nur mit solchen Glühpflanzen bestückt, würde das auch dazu beitragen, dass der Humus wieder mehr wird?

 

Martin:

[46:38] Ja, definitiv. Das ist ein guter Punkt. Neben den Hauptkulturen, von denen man auch finanziell lebt, kann man natürlich Flächen auch stilllegen und dort beispielsweise ein Kleegras, du hast den Klee vorher angebrochen, anbauen. Der Klee sorgt einerseits dafür, dass ganz, ganz tief gewurzelt wird. Der kann bis zu 10 Meter tief wurzeln.

 

Willy:

[46:59] Was? 10?

 

Martin:

[47:00] Bis zu 10, ja. Wenn er mehrere Jahre dort steht. Und das Gras ist in der Lage, besonders viel Kohlenstoff aus der Luft zu nehmen. Und wenn man das jetzt lange Zeit unberührt lässt und das stehen lässt, dann kann Humus aufgebaut werden und dann wird sich dort auch wieder einiges regenerieren. Also da sind wir dann im regenerativen Teil der Landwirtschaft. Allerdings, wenn ich nur sowas habe, kann ja keiner davon leben. Weder finanziell noch haben wir dort irgendwas, was wir essen können. Was dort schon gewonnen werden kann, ist Grünfutter für wiedergründete Tiere zum Beispiel.

 

Student:

[47:42] Jetzt hat er aber in dem Zuge gesagt, dass sich diese Förderung vom Staat quasi mehr lohnt, in dem Fall, als wirklich einen Ackerbau zu betreiben. Also wäre es ja in dem Sinne eigentlich eine Win-Win-Situation, oder?

 

Martin:

[47:54] Da gibt es eine Regelung. Das sind diese sogenannten Biodiversitätsflächen. Da muss man als landwirtschaftlicher Betrieb mindestens 7% auf seinen Flächen anlegen. Maximal sind es aber 20%. Du kannst nicht 100% deines Betriebes mit Biodiversitätsflächen, bebauen, da gibt es dann keine Förderung mehr vom Staat. Also bis zu 20% kannst du das machen, darüber kriegst du eben einfach keine Förderung mehr. Und was man nicht vergessen darf bei diesen Biodiversitätsflächen, du darfst die erst am 1. August mulchen. Mulchen, wisst ihr, was das ist? Mit dem Rasenmahra drüber fahren wird man in den Garten, in der Landwirtschaft fahren wir mit einem größeren Rasenmäher drüber und häckselt das. Das ist jetzt natürlich einerseits irrsinnig schön für Insekten, irrsinnig toll, wenn das bis 1. August alles blühen darf, aber aus ackerbaulicher Sicht gibt es ein Problem und das ist, jedes Mal, wenn dort ganz viele verschiedene Pflanzen wachsen und blühen, sind auch Unkräuter dabei und Ungräser. Und wenn die blühen und aussamen, dann habe ich für die kommenden Jahre ein riesiges Problem.

 

Martin:

[49:07] Das heißt, aus ackerbaulicher Sicht müsste das eigentlich schon früher mulchen, weil sonst schaffe ich ein Samenpotenzial für die kommenden Jahre. Aus Sicht der Bodenlebewesen wäre es auch klüger, das früher zu mulchen, weil eine Pflanze, die wächst, die steckt sehr viel Energie Und, in die Wurzel. Die ernährt das Bodenleben. Eine Pflanze, die zu blühen beginnt und Samen bildet, die hört mehr oder weniger damit auf, Energie in die Wurzel zu stecken und steckt ihre gesamte Energie eher aus der Wurzel und das, was sie noch an Photosynthese betreibt, in die Blüte und in den Samen. Das ist was sehr aufwendiges für die Pflanze. Das heißt, das Bodenleben hat nimmer viel davon, wenn was blüht und Samen bringt. Die Insekten darüber allerdings schon. Wenn ich jetzt besonders viel Humus aufbauen will, wäre es eigentlich klüger, dafür zu sorgen, dass die Wurzel ständig Energie in den Boden pumpt.

 

Martin:

[50:05] Wenn ich dafür sorgen will, dass ich eine besonders hohe Insektenvielfalt habe, ist es am gescheitersten, das alles blühen zu lassen. Mit dem Problem, dass ich dann in den darauffolgenden Jahren entweder mit der Spritze ein Herbizid dort öfter reinfallen muss oder wieder mehr Bodenbearbeitung machen muss, dass ich das ganze Unkraut wieder wegkriege. Also jede Maßnahme und alles was ich da tue, hat in den folgenden Jahren schon ganz ganz viele Einflüsse und dessen muss man sich immer bewusst sein. Alles was auch der Staat vorgibt, sind oft ganz gute Denkansätze und vieles davon ist auch richtig. Aber wenn man es zu Ende denkt, gibt es überall auch das eine oder andere, wo man doch noch einmal überlegen sollte, ist das so gescheit.

 

Willy:

[50:51] Wie kann man dann so komplexe Systeme, das haben wir letztens auch bei einem

 

Willy:

[50:54] Beispiel gehabt, wie kann man dann so komplexe Systeme regulieren? Also gibt man ganz genaue Vorgaben, also noch eine Regulierung drauf, noch eine Regulierung drauf, die das Problem wieder löst, dann kommt man wieder auf ein Problem drauf, dann macht man wieder eine Regel oder sagt man dann zu viele Regeln einfach weg mit den Regeln, lass sie Bauern machen, die wissen schon, was sie dann, was werden da so der richtige Zugang aus deiner Sicht?

 

Martin:

[51:15] Da gibt es so viele unterschiedliche Menschen mit so vielen unterschiedlichen Einstellungen. Es gibt Bauern, die natürlich ihr Leben darauf fokussieren, dass sie die Böden bestmöglich wiederherstellen und auf vieles an finanziellem Vertrag verzichten. Und es gibt Bauern, die am allerleibsten die meiste Kohle auszuholen aus dem, was sie bewirtschaften. Mit Regularien ist das eine sicher getan, die werden aber nicht ausreichen. Es braucht einen eigenen Anreiz, sage ich jetzt einmal, und ganz, ganz viel Bildung, würde ich mal sagen. Also je mehr der einzelne Bauer über das alles weiß und je mehr er weiß, was das langfristig für Folgen hat, was er tut, desto motivierter wird er, glaube ich, auch sein.

 

Willy:

[52:10] Zukunftsfähig zu wirtschaften.

 

Martin:

[52:12] Ja, richtig.

 

Willy:

[52:12] Okay, da hinten, Entschuldigung, da war vorher auch noch eine Frage bei dir?

 

Martin:

[52:15] Ja, natürlich.

 

Willy:

[52:16] Hat er schon beantwortet?

 

Student:

[52:20] Und zwar in Deutschland war ja der Streik der Landwirte. Ich wollte fragen, ob es in Österreich auch so ein Thema gab, beziehungsweise inwiefern die Politik da aus deiner Sicht dir auch in die Hände spielt oder dich irgendwie unterstützt als Landwirt, auch bezüglich Laborforschung oder sowas, wenn es um Humusregeneration geht.

 

Martin:

[52:44] Ich würde sagen, die Politik ist da eher hinterher. Es gibt viele einzelne Gemeinschaften, sowohl in Österreich als auch in Deutschland, die sich diesem ganzen Thema regenerativer Landwirtschaft annehmen und da kann man einfach mit einem kleinen Mitgliedsbeitrag dabei sein und zu all diesem Wissen Zugang haben. Es gibt ja ganz, ganz viele Vorträge, die man sich gratis auf YouTube anschauen kann, sowohl von deutschen Gemeinschaften als auch von österreichischen. Und wenn man will, als Bauer, kann man sich das alles anschauen und das alles lernen.

 

Martin:

[53:25] Die Wichtigkeit, die ist vor allem, würde ich sagen, in meiner Generation und bei meinen Kollegen angekommen. die ältere Generation ältere Generation, Die tut lieber weiter, wie es bisher war, habe ich das Gefühl. Oder viele davon. Aber ja, ich sehe da schon ein ganz großes Umschwenken bei den jüngeren Leuten. Die sehen halt auch, dass man so nicht weitermachen kann wie bisher. Es geht ja auch auf die eigene Geldbörse, wenn der Boden immer schlechter wird. Und wenn ich halt jung bin und ich weiß, ich habe noch 50 Jahre zu wirtschaften und das wird immer schlechter. Und dann habe ich Wetterereignisse, die mir das Leben noch viel schwerer machen. Dann muss ich ja fast schon aus eigenem Interesse sagen, okay, wie kann ich den Boden bestmöglich darauf vorbereiten und wie kann ich das so bewirtschaften, dass ich langfristig überhaupt nicht davon leben kann und vielleicht auch meine Kinder oder die Kinder jemand anderes davon leben können. Also das muss man eh aus eigenem Interesse schon machen. Die Politik, die hinkt da hinterher. Also es ist eher so, dass aus diesen Gemeinschaften, Gott sei Dank, mittlerweile Einzelne der Politik schon so langsam sagen, Schaut, dass ihr das in die Richtung wenigstens ein bisschen mit den nötigen Fördergeldern anstoßt, dass das gefördert wird und nicht das von vorher. Es wird von hinten aufgerollt, das fällt ein bisschen.

 

Student:

[54:52] Was würdest du dann jemandem sagen, der jetzt beispielsweise gerade 18 ist und sein Matura gemacht hat, warum sollte ich mich dann für ein Studium der Agrarwissenschaften an der BUBU entscheiden, anstatt jetzt quasi die sichere Bank zu wählen und BWL an der WU zu studieren? Also wenn das die Aussichten sind, was wäre dann die Motivation dahinter, da jemanden zu erzeugen quasi?

 

Martin:

[55:18] Die Aussichten sind ja die, dass wenn man viel darüber weiß und sich darum bemüht, gibt es ja gute Chancen, dass das alles gut geht, dass man davon leben kann und dass man auch gleichzeitig noch etwas Gutes tut für die Allgemeinheit. Und das ist eine irrsinnig schöne Bestätigung und ein irrsinnig schöner Lebenssinn. Ist ja auch das bei mir zumindest so. Also ich produziere Lebensmittel und gleichzeitig tue ich für die Allgemeinheit auf diesen 260 Hektar, die ich unter meinen Füßen habe und wo ich die Verantwortung darüber habe, das ist unfassbar gut, weil Böden als Ökosystem haben die Chance, das komplette Klima auch zu retten unter anderem. Oder es wird nur mit Böden gehen, weil kurz ein Einwand oder kurz vor der Seite noch ein Fakt eingeschmissen ist.

 

Martin:

[56:11] Ein Kohlenstoff, der jetzt in Form von CO2 in unserer Luft ist, der war ja irgendwann einmal organische Substanz. Also das war ja irgendwann einmal Leben, Lebewesen und Pflanzen und Tiere, die halt unter hohem Druck und hoher, Temperatur zu diesen fossilen Brennstoffen waren sind unter der Erde, und jetzt tun wir es halt aufhören und verbrennen es und genauso kann man das wieder umkehren, sprich wenn wir das alles wieder in Leben einbauen, in Pflanzen einbauen und im Boden einbauen, kann man das bis zu einem gewissen Grad auch wieder umkehren und wenn wir natürlich damit aufhören, das jetzt zu verbrennen, aber jeder Bauer kann einen riesigen Beitrag dazu leisten, dass.

 

Martin:

[56:58] Wir im Klimawandel wieder Kohlenstoff aus der Luft holen und in unseren Böden binden. Und gleichzeitig profitiert er noch langfristig davon, dass er das tut. Und worauf ich eigentlich hinaus will, das Faktum, stellt euch alle Bäume, Pflanzen und Sträucher, die es auf der gesamten Welt gibt, vor, oberflächlicher Aufwuchs, das Fünffache an Kohlenstoff, was in diesem Aufwuchs gespeichert ist, speichert der Boden. In Form von Humus halt. Das heißt, Regenwald abholzen ist natürlich furchtbar, aber dabei holzen wir oder verbrennen wir was, was eh nur ein Fünftel dessen Kohlenstoff beinhaltet, was eigentlich unsere Töden beinhalten. Das heißt, jeder Bauer, der nicht ständig Zwischenfrüchte anbaut und der nicht regenerativ wirtschaftet, sondern ständig der Oma dumm ackert und Humus verbrennt, der tragt eigentlich noch mehr dazu bei, dass der Klimawandel befeuert wird,

 

Martin:

[57:59] mit einem CO2-Ausstoß aus dem Boden heraus, als vieles andere.

 

Willy:

[58:04] Wir haben da zwei Fragen, aber lass mich, ich trage mich jetzt geschwind vor, nur in wenigen Worten, Martin, wirklich wenigen Worten, wie schnell, du hast gesagt, Humus kann man relativ schnell abbauen, wie schnell dauert es, dass man quasi durch Humusaufbau quasi eine Klimaschutz betreiben kann, wie du jetzt quasi angedeutet hast. Wie schnell kann man sowas wieder aufbauen? In einem Jahr ein Zentimeter oder ein Prozent von dem, was wir verloren haben, oder brauchen wir da 10.000 Jahre? Ist das eigentlich sehr schwierig?

 

Martin:

[58:30] Es ist sehr schwierig in Zahlen zu nennen. Es gibt ja so Aussagen wie, ein Millimeter Boden braucht 100 Jahre. Es gibt aber auch Bauern, die behaupten, sie haben ein, zwei Prozent Humus in zehn Jahren aufgebaut oder irgendwie so. Aber Humus und Humus sind auch es gibt einen Dauerhumus, es gibt einen Nährhumus. Der eine ist schneller aufgebaut, der andere dauert ewig. Also es dauert auf jeden Fall Jahrzehnte, aber Fakt ist, man kann das wieder aufbauen, zumindest bis zu einem gewissen Grad. Und wenn noch gewisse Fruchtbarkeit da ist, wenn dort eh schon ganz, ganz wenig noch mehr wächst, dann wird es natürlich umso schwieriger, dass ich dort üppige Pflanzen wachsen habe, die auch wieder möglichst viel Kohlenstoff speichern können.

 

Willy:

[59:13] Ich würde es noch gerne in ein Verhältnis bringen, das heißt, Was ich mit achtsamer, zukunftsfähiger Landwirtschaft, sagen wir jetzt mal, einen Humus in zehn Jahren aufbaue, kann ich in einem gierigen Jahr wieder abbauen? Wie war das ins Verhältnis? Auf Armocker?

 

Martin:

[59:29] Das kann ich konkret nicht wirklich beantworten. Du kannst aber, wenn du, sage ich mal, den Worst Case hast, wo wahnsinnig viel Erosion stattfindet, wo in feuchten Bedingungen Boden bearbeitet wird und wenn in feuchten Bedingungen geerntet wird, sehr, sehr viel mehr Schaden anrichten, als du in einem Jahr wieder gut machen kannst, das schon und das ist leider oft passiert. Also es dauert sicher länger, das wieder zu regenerieren, als es zu degradieren, das würde ich schon sagen.

 

Student:

[59:59] Hallo, erstmal Respekt für Ihre Arbeit. Lohnt es sich heutzutage noch, mit der Landwirtschaft rein aus finanziellen Gründen anzufangen oder steckt da eher mehr die Leidenschaft dahinter?

 

Martin:

[1:00:12] Wir können noch gut davon leben und auch so, dass ich sage, ich habe einen Spaß, weil das Verhältnis aus was stecke ich da rein und was kriege ich da raus in Ordnung ist. Natürlich steckt viel Leidenschaft dahinter und ich muss aber natürlich auch dazu sagen, vieles der Arbeit, die ich mache, ist natürlich auch Arbeit, die mühsam ist. Und wenn ich jetzt nicht davon leben könnte, dann würde ich es halt auch nicht machen. Also man will davon leben, man kann auch davon leben und ohne Leidenschaft wirst du es aber nicht so gut machen, dass du davon leben kannst langfristig.

 

Martin:

[1:00:55] Und man muss halt auch wissen, das ist kein 9-to-5-Job, wir arbeiten jetzt in der Familie zu dritt mit einer Angestellten an diesem Betrieb, haben eigentlich drei Standbeine, mit eben dieser Direktvermarktung, dann normaler Ackerbau und noch einen Mähdrescher haben wir, den wir auch überbetrieblich einsetzen, und mit diesen drei Standbeinen geht es also aus und es zeigt sich immer mehr, dass jetzt entweder die Betriebe riesig groß werden, die haben dann halt so 500, 600 Hektar und machen nur das. Oder sie haben andere Standbeine, sei es jetzt vielleicht ein bisschen Tierhaltung und machen damit eine Direktvermarktung. Die anderen haben vielleicht Milchvieh und produzieren halt Joghurt und irgendwelche Kakao-Drinks für Schulen. Oder ja, die Möglichkeiten sind zu vielfältig in der Landwirtschaft. Und wenn man ein bisschen was einfallen lässt und ein bisschen was veredelt, dann geht es auf jeden Fall nur aus. Aber die Tendenz ist halt in den letzten Jahren gewesen und es schaut auch so aus, als würde es so weitergehen. Entweder du wachst sehr, sehr stark und das eigentlich jährlich oder du eröffnest neue Betriebszweige und setzt auf sowas. Wachsend und an Ski. Oder du eröffnest neue Betriebszweige und setzt auf sowas.

 

Willy:

[1:02:23] Also

 

Martin:

[1:02:25] Ich würde auf jeden Fall jungen Leuten, die interessiert sind und die eine Leidenschaft für das haben und denen es traut, raten, da Fuß zu fassen, weil es ist wunderschön und es braucht solche Leute, weil wenn es nicht mehr die Leute sind, wie jetzt ich oder andere Kollegen, die einerseits mit dem Spaten und mit den eigenen Händen am Boden draußen sind und das sehen und spüren und direkt vor Ort sind und da einen Bezug dazu haben. Und gleichzeitig, derselbe Mensch hat die ganze Betriebswirtschaft über in diesem Betrieb und ist eigentlich für alles verantwortlich. Er hat einen Überblick, wenn das nicht mehr der Fall ist. Und es wird so groß, dass es gesplittet ist, dass dann ein Betriebswirt sozusagen entscheidet, was wird gekauft, was wird unterlassen. Und irgendwer anders fährt mit dem Traktor auf und an. und da gibt es keinen Bezug mehr, dann sehe ich ein großes Problem. Weil immer wenn die Betriebswirtschaft.

 

Martin:

[1:03:33] Sich nur noch auf die Betriebswirtschaft fokussiert und keinen Bezug mehr zu dem Ökosystem Boden hat, das sich irrsinnig langsam verändert, dann wird das langfristig degradieren. Weil da sind die Zahlen und da sieht, das hat man heuer mehr gebracht, das hat man heuer weniger gebracht. Und unmittelbar ist es immer so, wenn ich viel Humus verbrenne, habe ich bessere Erträge. Aber auf 20 Jahre sein, bedeutet das reiche Väter, arme Söhne. Also der Betriebswirt, der in dem Fall die besten finanziellen Ergebnisse liefert, der wird in 20 Jahren keinen fruchtbaren Boden mehr haben. Und da sicher große Gefahr. Also das heißt, die Strukturen sollten so bleiben, wie sie jetzt sind, optimalerweise. Gut, ich lasse mal Fragen stellen. Ich verzettel mit euren.

 

Willy:

[1:04:26] Nein, nein, überhaupt nicht. Ich war drauf. Meine Frage wäre noch zu vorher eher gewesen zu dem Klimawandel. Ja. Weil die Hitzewellen und zum Beispiel jetzt auch Disinvalencia, der ganze Regenfall, zerstört ja auch extremst den Boden.

 

Willy:

[1:04:39] Ja.

 

Willy:

[1:04:39] Wie bereitet ihr euch da vor? Und inwiefern, weil du hast ja auch vorhin gesagt, der Humus kann nur eine bestimmte Menge an Wasser aufnehmen. Das heißt, das Wasser zu viel zerstört es dann den Humus oder wie ist das?

 

Martin:

[1:04:51] Dazu muss man wissen. Der fruchtbarste Boden ist ganz oben. Die obersten 3-4 cm, Millimeter, dort ist am meisten Sauerstoff, dort ist am meisten Leben. Wenn du 10 cm runter gehst, dann wird es schon viel karger, da gibt es weniger Leben, da gibt es weniger Sauerstoff. Und am meisten Gefahr geht davon aus, wenn dieser Oberboden weggeschwemmt wird durch große Regenfälle. Das heißt, das ist tunlichst zu verhindern. Wie kann ich das verhindern? Ein gesunder Boden kann ungefähr in einem Kubikmeter 200 Liter Wasser aufnehmen, in relativ kurzer Zeit, das ist ziemlich viel. Wenn der Boden verdichtet ist, keine Wurzeln da sein und der Kahl liegt, also die Oberfläche komplett blank ist, nur blanker Boden, dann wird der Probleme kriegen, wenn ein Gewitter mit 20 Liter in 10 Minuten drüber zieht. Das wird schon beginnen, oberflächlich abzulaufen. Und da kann ich als Bauer eingreifen, wenn ich dafür sorge, dass diese Böden ständig bewachsen sind.

 

Martin:

[1:06:00] Dann kann im allerschlimmsten Fall, wenn dieser Speicher von 200 Liter oder diese Kapazität von 200 Liter voll ist, dann wird oberhalb von meiner Pflanzendecke vielleicht Wasser ablaufen, aber das wird keinen Boden mitnehmen. Dann ist es nur mehr halb so schlimm. Dann kann es zwar auch Überschwemmungen geben, aber es kann zumindest kein Boden weggeschwemmt werden. So kann ich dagegen vorgehen. Und jetzt muss man halt auch wissen, dass das irrsinnig viele Einflussfaktoren hat. Ob so ein Boden jetzt 200 Liter aufnehmen kann oder 20, das hängt nicht von einem Bewirtschaftungsjahr ab, sondern von Jahrzehnten der Bewirtschaftung, von Jahrzehnten des Reifendruckauslassens bei meinem Traktor, das nur drüberfahren, wenn es nicht zu nass ist, der Fruchtfolge und der ständigen Bewurzelung. Weil Boden lebt halt von Wurzeln. Wenn immer Wurzeln da sind, dann gibt es halt die nötigen Poren, die das Wasser aufnehmen können. Wenn keine Wurzeln da sind und ich fahre dort efter Treber, komprimiere ich dann immer mehr, ich drücke die Luftporen raus und dann kann ich auch kein Wasser mehr aufnehmen. Dann habe ich Katastrophen. Und vieles der Überschwemmungen und, das ist leider so hart, wie es klingt, ist zum Teil von der Landwirtschaft verursacht, von falsch bewirtschafteten Böden, weil halt viele Böden keine 200 Liter Wasser pro Kubikmeter mehr aufnehmen können, sondern eben nur mehr 10, 20, 50, vielleicht 100.

 

Martin:

[1:07:24] Und ja, da muss man jahrelang daran arbeiten, dass das rückgängig gemacht wird. Und je öfter halt so ein Niederschlag dann mein Oberboden schon wegschwemmt, desto schwieriger wird es und desto schlimmer wird der Boden degradiert. Und bei so ganz argen Hochwasserereignissen, da wird das ja nicht nur von 50 Meter weiter oben nach 50 Meter weiter unten abgeschwämmt, sondern da landet das im Schwarzen Meer. Also das ist komplett weg, der Boden. Das ist vorbei.

 

Student:

[1:07:55] Gibt es da keine Regulatorien oder Vorgaben von der Politik? Weil man kann ja schon davon ausgehen, dass jetzt diese Extremwetterereignisse immer häufiger kommen. Generell auch die regenerative Landwirtschaft mit dem verpflichtenden Aufbau von dem Humus. Gibt es da Vorgaben und würde das helfen, wenn es verpflichtend für alle wäre?

 

Martin:

[1:08:17] Die Vorgaben sind sehr lasch. Es gibt seit neuestem Vorgaben, dass man nur noch einen Teil seiner Flächen zum Beispiel über den Winter pflügen darf und dass man nur noch einen Teil des, nur noch einen Teil des und man ist verpflichtet, dass man mindestens so und so viel Prozent begrünt, also seine Flächen nicht brach, kahl, braun liegen lässt, sondern dass man dort eine Zwischenfrucht anbaut. Aber diese Vorgaben sind aus meiner Sicht viel zu lasch und der Kerl hat rigoros umgestellt. Und das tun halt viele Landwirte aus eigenem Ermessen und finanzieren das auch selbst, weil sie das sehen. Und ein Beispiel, wir haben heuer unsere Ernte erst nach dem 15. Oktober abschließen können. Und es gibt eine Vorschrift, dass man, wenn man eine Begrünungsvariante anbauen will, die Variante Nummer 6, die muss man bis 15. Oktober angebaut haben, weil sonst, wenn du danach das anbaust, kriegst du kein Geld mehr dafür. Also es werden solche Begrünungen gefördert. Jetzt kann ich hergehen und entweder ich schaffe das, meine Ernte vom 15. Oktober einzuholen und bau dann dort eine Begrünung an, für die ich auch finanziell unterstützt werde vom Staat. Oder, wenn ich die Ernte halt nicht einbringen kann bis zum 15. Oktober, dann kann ich sagen, naja, ich kriege auch kein Geld mehr für die Begrünung, die baue ich jetzt nicht an.

 

Willy:

[1:09:43] Also wenn es vorher feucht ist, du kannst ihn rein von dem Boden anbieten.

 

Martin:

[1:09:45] Genau, dann würde dieser Boden einfach kahl darlegen nach meiner Ernte. Aber ich weiß, dass das furchtbar ist für den Boden, über den Winter kahl darzulegen. Also was mache ich? Ich finanziere mir diese Begrünung selber, verzichte halt auf die finanzielle Unterstützung durch den Staat, auf diese Förderung der Begrünung und baue die trotzdem an. Das kostet mich nur was. Jetzt im ersten Moment. In 20 Jahren bin ich dankbar, oder sind meine Kinder dankbar, dass ich das jetzt jahrelang schon mache und dass ich das selber finanziert habe. Aber da ist der Staat halt massiv hinten nach. Das gehört viel, viel, viel mehr gefördert und ja, da sind wir wieder bei den Verpflichtungen. Viele Verpflichtungen sind natürlich mühsam, aber wenn es ein anderes geht.

 

Willy:

[1:10:28] Ja.

 

Student:

[1:10:29] Wie viel Prozent der Landwirte machen das? Also wie kann man sich das vorstellen? Ist das ein Drittel, die Hälfte? Oder eher noch weniger?

 

Martin:

[1:10:38] Eher, Ein Zehntel, vielleicht sind es 20 Prozent, aber sehr, sehr wenige. Also wenn Sie kein Geld dafür kriegen, dann machen Sie es eher nicht. Und selbst wenn Sie Geld dafür kriegen, machen Sie es früher nicht, weil immer wenn ich eine Begrünung anbaue, birgt das auch für das nächste Jahr wieder Herausforderungen. Keiner weiß, wie das im nächsten Jahr früher wird. Wenn ich zu der Begrünung hinstelle, hier jetzt, dann versuche ich ja eigentlich, die möglichst lange stehen zu lassen. Wenn nächstes Frühjahr bis Mai nur 30 Liter Röden fallen, dann hat meine Begrünung so viel Wasser gebraucht, dass meine darauffolgende Kultur, von der ich eigentlich finanziell lebe, nicht mehr aufwachsen kann. Das heißt, ich habe dann das Risiko, dass ich eigentlich eine viel schlechtere Ernte habe, als der, der keine Begrünung dort anbaut hat. Also jedes Mal, wenn ich sowas mache, gibt es auch ein Risiko dabei. Langfristig ist es für den Boden besser. kurzfristig für meine Geldbörse ist es oft einfacher und besser, wenn ich diese Begrünungen nicht anbaue oder wenn ich den Boden nicht ständig bedecke.

 

Willy:

[1:11:47] Ist das der Hauptanreiz, warum, ich habe mich vorhin aufgeschrieben, warum macht nicht jeder einfach eine Zwischenfrucht, wenn es so viele Vorteile hat, warum liegen dann trotzdem so viele Acker schwarz? Ist das der Hauptanreiz, dass man das Wasser spart für potenzielle nächste Hauptfrucht?

 

Martin:

[1:12:05] Auch, ja, und man muss das auch wieder wegbringen. Also das sind ja dann Pflanzen, die müssen irgendwie weg. Ich kann dort nicht einfach meine nächste Hauptfrucht einbauen und die wächst dann, sondern da muss irgendwann wieder Tabula rasa gemacht werden. Das muss weg, und dann muss ein reiner Tisch her, sprich der Boden muss einmal, ich muss dafür sorgen, dass meine Hauptkultur die gleichen Startbedingungen hat wie alles andere, weil wenn dort schon was steht und ich baue dann was an, dann wächst mir nichts. Und das Wegbringen von so einer Begrünung wirkt so viele Herausforderungen, dass es viele unterlassen. Ganz kurz noch, ich muss auch natürlich einfach.

 

Willy:

[1:12:37] Mich interessiert das ja auch. Das heißt, Eigensinnenskosten, Kosten für die Zwischenfrucht, Kosten zum Rausfahren, Diesel, Maschinenkosten etc., Die ich einfach, wenn ich es nicht mache, auch nicht tragen muss.

 

Martin:

[1:12:51] Genau, und es sind auch Kosten, das wieder wegzubringen, weil der Frost würde den Boden wunderbar als Saatbeet vorbereiten über den Winter. Also so Brocken und so weiter, die werden vom Frost zerlegt. Das zieht sich zusammen, geht wieder auseinander. Und dann hat man ein wunderbares Saatbeet im Frühjahr. Aber dieser vom Frost zerlegte Boden ist irrsinnig anfällig auf starke Niederschläge. Das heißt, es ist ein Pokerspiel. Wenn es ganz gemäßig die tolle Niederschläge gibt und alles ist super Leihwand vom Wetter her, dann wird der Bauer, der keine Begrünung angebaut hat, sicher nicht schlechter aussteigen. Und dann hat er vielleicht auch nichts Schlechtes für den Boden gemacht. Aber wenn dann im Mai oder im April ein starkes Gewitter kommt und der hat keine Begrünung gehabt, dann ist der Oberboden weg. Und das kann man jetzt noch nicht wissen. Mir persönlich ist es lieber, wenn ich dafür sorge, dass dort eine Bodenstruktur vorherrscht, die in so einem Regenereignis dann im nächsten Jahr zurechtkommt. Und dafür gehe ich das Risiko ein, dass ich vielleicht weniger Wasser im nächsten Jahr zur Verfügung habe für meine Hauptkultur und damit auch weniger Geld in meinem Geldbörsel, weil man weniger wachsen kann bei meiner Hauptkultur. Diese Dinge stehen immer gegeneinander. Und es ist immer ein, will ich es langfristig gut machen oder will ich jetzt die meisten Erträge haben? Die stehen oft gegeneinander, diese Dinge.

 

Willy:

[1:14:16] Du hattest eine Anschlussfrage nachher.

 

Student:

[1:14:18] Ja, nochmal zum Verständnis. Gibt es keine Begrünung, also Zwischenbegrünung, die man machen könnte, die man so, vielleicht, das ist vielleicht auch eine dumme Frage, die man so einfach untergraben kann, also in den Boden dann einarbeiten kann, statt es wegzuräumen? Also ich glaube, bei uns ist viel Wein, die bauen Raps zwischendrin an und die graben den so unter. Ist das dann eine andere Art und Weise von Zwischenbegrünung?

 

Martin:

[1:14:42] Da habe ich mir unglücklich ausgedrückt, die Begrünung, die wird nicht weggebracht, sondern die wird eh auch auf unserem Betrieb, wird der Boden dann bearbeitet. Die Begrünung wird halt sehr, sehr flach, sozusagen ganzflächig werden die Wurzeln abgeschnitten. Das ist die Bodenbearbeitung. Und dann hoffen wir, dass die eingeht, dass die weg ist. Das sind dann tote Pflanzen und das Bodenleben hat was davon. Und immer, wenn lebende Wurzeln da sind, dann ist der Boden gegenüber Niederschlägen stabil. Wenn keine lebenden Wurzeln da sind und der Boden ist vom Frost einmal zerlegt worden, dann zerfließt es. Wenn du da einen Kübel Wasser draufschüttest, es rennt davon. Wenn du einen Kübel Wasser auf der Wiese schüttest, sickert es ein. Jetzt habe ich natürlich als Bauer vielleicht auch noch einen Vorteil, wenn ich meine Begrünung gemacht habe. Aber wenn dann so ein starker Niederschlag kommt und er rinnt nicht weg, sondern kann in den Boden versickern, dann habe ich natürlich für die darauffolgende Trockenperiode, sofern eine kommt, auch mehr Wasser für meine Hauptkultur, von der ich ja finanziell lebe, zur Verfügung, als derjenige, dessen Wasser einfach abgekronen ist.

 

Martin:

[1:15:54] Insofern kann ich durchaus auch profitieren von dem Ganzen. Aber das ist immer die Frage, wie wird das Wetter? Es ist halt unter freiem Himmel und das Wetter wird immer unbereichenbarer und vor 50 oder 70 Jahren waren diese wilden Wetterereignisse vielleicht auch noch nicht so häufig und da hat man davon ausgehen können, dass eh nicht viel passiert, wenn man jetzt über den Winter keine Begrünung anbaut. Und noch dazu hat es in der Landwirtschaft weder das Wissen noch die nötige Technik gegeben, dass man mit solchen Dingen überhaupt zurechtkommt. Immer wenn viele Pflanzenrückstände, viele Pflanzenrückstände an der Oberfläche sind und mit meiner Technik dort etwas anzubauen, umso schwerer, das macht das Leben nicht leichter. Also das ist vielleicht der Grund, warum es wenige machen, es birgt viele Herausforderungen und.

 

Martin:

[1:16:45] Man muss sich diesen Herausforderungen stellen. Ich wollte noch wissen, du hast vorher gesagt, die Begrünung hättest du bis zum 15. Anbauen müssen. Wer überprüft das oder wie wird das überprüft? Kommt dann jeden Tag? Ein Satellit mittlerweile. Ein Satellit. Also die schauen in Wahrheit per Echtzeit, ist der Ocker grein, habe ich das begrünt oder nicht? Und wenn das nicht der Fall ist, dann wird einmal der rausgeschickt, das macht die Arme und dann kriegst du eine Straf, wenn das nicht grün ist. Also das wird kontrolliert. Gibt es eigentlich Pflanzen, die robuster sind und andere, die mehr Risiken bilden, aber dafür eine höhere Marge oder wie ist das? Definitiv, ja. Es gibt Hauptkulturen, also Pflanzen, von denen wir leben, die die besonders viel finanziellen Ertrag bringen, und es gibt welche, die besonders wenig finanziellen Ertrag bringen. Und wenn ich jetzt nur auf den finanziellen Ertrag schaue, kurzfristig, dann baue ich halt einfach jahrelang immer die Pflanzen auf, die am meisten Kohle bringen. Das sind aber jetzt nicht unbedingt die, die die meiste Vielfalt am Acker bringen und es sind auch nicht unbedingt die, die den meisten Boden aufbauen.

 

Willy:

[1:17:56] Was ist das für welche?

 

Martin:

[1:17:59] Soja, Bohnen, Weizen, Mais. Das sind so die Anzirkulturen, die am meisten Kohle bringen. und, naja, das muss man so sagen.

 

Willy:

[1:18:08] Die Aserkultur, ne?

 

Martin:

[1:18:09] Naja, also ich habe das jetzt einmal auf gut Deutsch gesagt, verstehst du mich gerade? Jedenfalls, wenn ich jetzt nur das anbaue, da fehlt es ein bisschen an Vielfalt und da, ja, da verarmt der Boden auch. Also je mehr verschiedene Pflanzen da sind, desto mehr Lebewesen kennen und überleben.

 

Willy:

[1:18:32] Genau.

 

Martin:

[1:18:34] Ja, ist die Frage beantwortet.

 

Willy:

[1:18:37] Ich wollte fragen, ob es vielleicht so etwas gibt oder ob es vielleicht umsetzbar wäre, dass man so einen Markt quasi von Hummus eröffnet, dass man so sagt, okay, wir haben jetzt hier ein paar Bauern, die konzentrieren sich jetzt die nächsten Jahrzehnte nur darauf quasi, wirklich den Boden zu erneuern und diesen Hummus wieder herzustellen und die verteilen das dann an weitere Bauern und verkaufen das quasi.

 

Martin:

[1:18:59] Das ist ein interessanter Ansatz. Ich habe die Erfahrung gemacht, wenn du mit einem Bagger am Boden abträgst, ihn woanders hinbringst und dorthin schüttest, ist es dir bei weitem nicht so fruchtbar, wie wenn es einen Ort und Stelle belässt. Das wird ja einmal alles neben London und versuch es woanders hinzusetzen. Das ist, glaube ich, ein ganz gutes Beispiel. Vor allem dort, wo London vorher war, kann dann kein London mehr sein.

 

Willy:

[1:19:28] Also die klingt sich nicht so gut.

 

Martin:

[1:19:29] Also das dann woanders hinzubringen, das macht weniger Sinn. Was es aber gibt, die Oku glaube ich sogar, hat Pflanzenkohle und verschiedene andere Substanzen, gibt es mittlerweile, die dem Humus ähnlich sind oder die sehr, sehr viel Kohlenstoff enthalten. Das kann man auf seinem Acker verteilen und dann steigert man zum Beispiel die Wasserhaltefähigkeit. Oder man fördert halt den Humusaufbau. Diese Dinge sind aber momentan noch dermaßen teuer, dass das jetzt, wenn ich da nicht Gemüsebau betreibe oder irgendwas, was besonders viel Deckungsbeitrag bringt, dann wird sich das in meiner Generation nicht mehr auszahlen. Also ein Hektar mit so einer Pflanzenkohle zum Beispiel, die so viel Wasser speichern kann, zu düngen, würde mir 4.000 bis 5.000 Euro pro Hektar kosten. Und das bringe ich in ein paar Jahren hinein. Also das ist unvorstellbar. Falls sowas irgendwann einmal auch breitenwirksam verfügbar ist und das sinnvoll wird, dann kann das schon helfen, dass man Humus vielleicht schneller aufbaut. Du hast es.

 

Willy:

[1:20:43] Ja, noch ganz kurz. Ich habe noch eine zweite Frage. Super. Ein paar haben wir jetzt die ganze Zeit drüber geredet, wie man das schafft innerhalb dieser 60 Jahren zum Beispiel, das wieder rückgängig zu machen und da die Regenerativ anzubauen. Was passiert denn oder gibt es schon Ansätze dafür, dass wir ausrennen von Hummus und dass wir quasi nichts mehr haben? Weil dann kannst du ja auch nichts mehr anbauen quasi. Und dann kannst du ja dann auch wieder keinen. Es ist ja ein Kreislauf, der dann unterbrochen wird. Gibt es da Ansätze, wie man da wieder rein startet oder Alternativen oder so?

 

Martin:

[1:21:18] Es wird irrsinnig schwierig. Es ist leider so, dass alles verdammt eng miteinander zusammenhängt. Es gibt Vorträge zum Thema Wasserkreislauf in Europa beispielsweise, weil wir sind ja ein großer Kontinent und das Wasser, das auf den Ozeanen verdunstet, das regnet einmal in Küstennähe ab, Dort verdunstet es von Pflanzen, optimalerweise, und regnet immer weiter in den Kontinent ab und kommt immer weiter ins Innere des Kontinents. Wenn ich jetzt aber immer mehr einerseits zurbetoniere und dort auf jedem Dach und auf jedem Backplatz und auf jeder Straße wird dafür gesorgt, dass das Wasser möglichst schnell irgendwo hinrinnt, wo es dann weg kann. Eigentlich wird es in Flüsse geleitet und die werden ins nächste große Meer geleitet. Also wir transportieren Wasser, das auf unseren Kontinent herabregnet, aus dem Kontinent raus und zwar auf schnellstmöglichem Wege. Überall dort, wo keine Böden sind.

 

Martin:

[1:22:24] Wenn ich jetzt den Boden nicht ständig grün habe, sondern braun, dann verdunstet dort auch nicht so viel. Das heißt, das hat dann auch eine Auswirkung auf das Mikroklima. Es kann nicht so viel verdunsten, es entstehen dann wieder weniger Wolken und es kann nicht so tief in den Kontinent reinregnen. Und das wiederum wird noch mehr befeuert von der Großwetterlage. Also speziell heuer ist mir das massiv aufgefallen. Es kommt ein Tief und es bleibt einfach wochenlang da. Deswegen haben wir in St. Pölten, ich weiß nicht, 350, 400 Liter Niederschlag gekriegt, weil dieses Tief nicht weitergezogen ist. Es hat sich über Österreich herumgedreht und es hat nicht aufgehört zu regnen. Jetzt gerade ist es ja auch verrückt. Also wir haben Anfang November 2024 und seit diesem Tief, das ich gerade angesprochen habe, seit September, hat es kein Tropfen geregnet. Es ist gestört. Und gleichzeitig geht aber in Spanien alles unter. Also diese Großwetterlagen, die verschwinden auch nicht mehr. Und die werden scheinbar auch stark von der Landnutzung jeweils beeinflusst. Also wenn irgendwo mehr verdunstet oder auch weniger verdunstet oder gar nichts mehr verdunstet, dann beeinflusst es wiederum das Klima.

 

Willy:

[1:23:37] Ja, war da noch eine Frage? Ja.

 

Willy:

[1:23:39] Wo? Ja.

 

Student:

[1:23:40] Du hast ja gesagt, wenn man jedes Jahr die gleichen Kulturen anbaut, dass das schlecht für den Boden ist. Wie machst du das dann selber? Machst du immer da verschiedene oder machst du einen Jahr gar keinen Bebau, beziehungsweise nur diese grünen Flächen? Wie machst du das?

 

Martin:

[1:23:58] Wir versuchen, dass wir alle sechs bis acht Jahre mit einem Kleegras auf die Felder kommen und den Boden wirklich stilllegen und sich selbst überlassen. Das sorgt auch dafür, dass tiefere Schichten überhaupt einmal bewurzelt werden. Weil unsere einjährigen Kulturen, die stehen meistens für wenige Monate eigentlich nur auf dem Acker, dann werden sie schon wieder reif und es ist vorbei mit der Wurzelleistung. Das heißt, die bewurzeln irgendwie die obersten 50-100 cm vom Boden und dann war es es. Und wenn da nie was steht, was länger in der vegetativen Phase ist und auch wurzelt, dann kommt in den Unterboden nie mehr so eine Wurzel. Dann kann dort natürlich auch kein Porenvolumen entstehen und da kann auch kein Wasser rein, früher oder später. Das heißt, dieses Stilllegen ist ein wesentlicher Bestandteil auf der einen Seite, aber überall, wo unsere Flächen stillgelegt sind, das kann ich nicht als Biodiversitätsfläche anmelden, weil dann dürfte ich es erst am 1. August mulchen. Das heißt, es ist keine Biodiversitätsfläche, für die ich Förderung bekomme, sondern es ist einfach eine stillgelegte Fläche.

 

Martin:

[1:25:00] Weil es mir lieber ist, wenn ich das mulchen kann, wann ich will und wann es zu blühen beginnt, weil dann schaffe ich die Voraussetzung, dass die Wurzel maximale Leistung macht und meinen Boden regeneriert. Und dazwischen versuchen wir möglichst eine Folge von Winterung und Sommerung abzuwechseln. Also einmal eine Sommerkultur, das heißt, die wird irgendwann im März, April, Mai angebaut, die wird im Herbst geerntet und auf dem darauffolgenden im darauffolgenden Jahr wird im Herbst eine Winterung angebaut. Das ist ein Getreide. Das wird im Oktober, November angebaut. Das ist dann ein Weizen oder Gerste, Dinkel, Kritikale, was auch immer.

 

Martin:

[1:25:43] Und dann, nach diesem Getreide, gibt es zwischen Juli und dem darauffolgenden Jahr Mai eine Phase, wo eine Begrünung steht. Und seit heuer habe ich das umgestellt, dass mit diesem Getreide im Herbst gemeinsam eine sogenannte Untersaat ausgebracht wird. Das ist eine Mischung aus Bresern und.

 

Martin:

[1:26:04] Kleearten und im Frühjahr werde ich dann auch eine andere Pflanzenart dazu anbauen. Das heißt, da steht dann ein Gemisch an Pflanzen direkt nach der Ernte im Sommer, wenn die meiste Sonneneinstrahlung da ist und wenn es am trockensten eigentlich ist. Klassischerweise würde da eine Bodenbearbeitung gemacht werden und dann ist der Boden ein, zwei Wochen, drei Wochen kahl und erst dann baut man eine Begrünung an. Das hat in den letzten Jahren so furchtbar funktioniert, dass ich das jetzt umgestellt habe, weil es so trocken im Sommer war, dass wir keine Begrünung mehr etablieren haben können in den Sommermonaten. Und deswegen habe ich jetzt auf diese Untersaaten umgestellt. Und jetzt haben wir quasi von Tag heute, wo ich nachmittag gehe, einen Dinkel anbauen.

 

Martin:

[1:26:52] Da riesle ich meine Untersaat dazu. Und von Tag heute, 7. November, bis 2026 im April, schätze ich mir tief, bleibt dieser Boden unberührt. Da steht dann eine Kleegrasmischung und die wird den Boden bewurzeln und wird vor allem dafür sorgen, dass im Sommer, wo wir die längsten Tage haben, wo die meiste Sonneneinstrahlung ist und wo man mit Photovoltaikanlagen, by the way, die meiste Energie erzeugen kann, das ist ja das gleiche wie am Boden, weil wenn die Sonne drauf scheint, kann Photosynthese betrieben werden. Im Sommer sind also die effektivsten Monate für Energiebeschaffung, für Wurzeln. Ist ja das Gleiche, wenn ich den Boden im Sommer braun habe, wie wenn ich meine Photovoltaikanlage für Juli und August abdrehen würde. Niemand wäre so dumm und würde das machen.

 

Willy:

[1:27:37] Eine schöne Metapher.

 

Martin:

[1:27:39] Ist nicht von mir. Aber ja, es stimmt natürlich. Also ich muss dafür sorgen, dass speziell in diesen Monaten was Grünes da steht. Weil das ist in der Lage, diese viele Energie, die auf den Boden herabstrahlt, auch in Kohlenstoffverbindungen umzusetzen.

 

Willy:

[1:27:56] Ich habe jetzt nicht eine Frage direkt dazu, aber die Landwirte sind ja offensichtlich in der Pflicht und auch irgendwo die Politik. Aber kann der Endverbraucher irgendwas tun, um da irgendwie zu helfen? Zum Beispiel gibt es irgendwelche Siegel, auf die er achten kann für nachhaltige Landwirtschaft oder irgendwie sowas in die Richtung?

 

Martin:

[1:28:15] Sehr, sehr gute Frage. Bis jetzt kann der Endverbraucher sich zwischen Bio und konventionell entscheiden. Und vor allem sieht er, aus welcher Region ist das. Mir fällt nichts ein, dass der Endverbraucher sagen könnte, ich will ein Produkt, wo der Boden bestmöglich behandelt wird. So ein Siegel gibt es nicht.

 

Willy:

[1:28:39] Gibt es nicht?

 

Martin:

[1:28:43] Naja, nicht, dass ich wüsste. Ich meine, ja, natürlich schreibt das zwar hin, dass es immer besser für den Boden ist. Da muss ich aber ehrlicherweise sagen, nur weil was bio ist, ist es nicht besser für den Boden. Unbedingt automatisch. Dazu muss man wissen, habe ich eh schon anfangs gesagt, immer wenn der Bauer eingreift, dann hat er einen negativen Einfluss auf das Ökosystem Boden. Entweder mache ich das mechanisch, oder ich mache es chemisch. Das haben wir jetzt beim Thema Glyphosat.

 

Martin:

[1:29:13] Irgendeinen Tod müssen wir sterben, wenn wir auf diesem Boden was anbauen wollen, wovon wir uns ernähren. Und ob das jetzt der Tod durch mechanische Bodenbearbeitung ist oder durch chemische, das könnt ihr als Konsumenten entscheiden. Als Konsument hat man halt den Vorteil irgendwo, dass wenn ihr ein biologisches Lebensmittel kauft, das von chemischen Rückständen sicher nichts in meinem Körper landet. Aber der Boden selbst betrachtet, der wird sowohl negativ beeinflusst, wenn ich ihn durch mechanische Bearbeitung störe, als auch, wenn ich ihn chemisch störe. Jetzt gibt es aber in der konventionellen Landwirtschaft eigentlich noch sehr viele, die sowohl mechanisch als auch chemisch stören. Und dann gibt es die, die sich auch darum bemühen, regenerativ zu wirtschaften, die bearbeiten den Boden gar nicht mehr. Das ist die sogenannte Direktsaat. Die sind dann aber auf Glyphosat angewiesen. Das heißt, der Boden wird von mechanisch nicht mehr gestört, aber die Pflanzen, die jetzt beispielsweise eine Begrünung waren, wo ich dann auch wieder was anbauen will, was mir letztendlich auch wirtschaftliches Überleben sichert, die muss ich chemisch beseitigen. Das wäre das Glyphosat. Aber dafür muss ich keine mechanische Bodenbearbeitung machen. Und zu deinem Siegel.

 

Martin:

[1:30:26] Meiner Meinung nach müsste man das Ganze ein bisschen überdenken und müsste die ganzen aktuellen Siegel über Bord werfen und sagen, es gibt jetzt ein Siegel, das heißt regenerative Landwirtschaft und da gibt es ganz andere Regeln. Da wird geschaut, wird der Boden aufgebaut oder wird er degradiert und das wird draufgelegt auf diese Sachen. Da kann man von mir aus noch unterteilen zwischen regenerativ und es werden Pflanzenschutzmittel eingesetzt oder es werden keine eingesetzt. Aber die Siegelwirtschaft, die wir jetzt haben, hat mit der regenerativen Landwirtschaft eher weniger zu tun.

 

Martin:

[1:31:03] Und das, was es braucht, ist eigentlich fast nicht nur, dass wir neue Siegel machen, sondern dass wir in der gesamten Landwirtschaft schleunigst auf regenerative Landwirtschaft umstellen und dass wir gar keine Siegel mehr brauchen. Was du als Konsument jetzt machen kannst, ist zumindest Lebensmittel in Österreich kaufen und wenn es dir möglich ist, es gibt viel direkt vermarktete Betriebe mittlerweile, red mit den Bauern deines Vertrauens, frag einem, wie ihr das macht. Das ist jetzt keine Eigenwerbung, es gibt dieses Kaffee, wo ihr wollt, ich gönne jedem meiner Kollegen alles. Aber red jetzt mit den Leuten, frag zu, wie sie es machen und unterstützt die, wo ihr der Meinung seid, die machen das so, wie ihr glaubt, dass es richtig ist. Falls eure Eltern oder ihr selber Grundstücke besitzt, ihr verpachtet, dann gibt es es jemandem, wo ihr darauf vertraut, dass der das, Nicht nur nachhaltig, sondern so bewirtschaftet, dass das sogar besser wird, als es jetzt ist.

 

Willy:

[1:32:04] Bei mir im toten Winkel ist eine Frage. Also ja, ich wollte nochmal zurückspringen. Du meintest ja, du hast 260 Hektar und alle sechs Jahre versuchst du das mit einer Klee-Saat zu bestellen. Das wird dann antizyklisch funktionieren. Vielleicht machst du ja nicht alle sechs Jahre dein ganzes Land, sag ich mal. Ja, okay, das war dann.

 

Martin:

[1:32:28] Ganz genau, also ein Sechstel bis ein Achtel der Fläche ist ständig stillgelegt und wird gewechselt über alle Flächen. Und natürlich sind nie 100% das Gleiche, weil dann würde ja sozusagen ein hohes Risiko eingehen, weil wenn jetzt beispielsweise ein schlechtes Weizenjahr ist und alles meiner Fläche ist Weizen, dann stehe ich schlechter. Und wenn ich dann einmal überall Kleegras habe, dann verdiene ich ja in diesen zwei Jahren gar nichts. Also das ist natürlich ein Wechsel.

 

Willy:

[1:33:00] Lassen Sie uns mal kurz auf das Thema, weil ich habe euch ja gesagt, der ursprüngliche Titel dieses Podcasts war ja, wie sich Preisänderungen oder Entscheidungen auch in der Landwirtschaft langfristig auf Landwirtschaft auswirken können. Du hast ja schon gesagt, viele deiner Flächen sind Pachtflächen. Jetzt nehmen wir mal an, und der Fall hat es ja auch schon mal gegeben, dass die Pachtpreise steigen. Wie wirken sich denn quasi steigende Pachtpreise auf deine Entscheidungen an, auf deine wirtschaftlichen Entscheidungen, was du am Betrieb machst, beziehungsweise was hast du es auch langfristig für die Landwirtschaft?

 

Martin:

[1:33:40] Ein paar Punkte. Einige habe ich eh schon angesprochen. Vorhin haben wir über die Begrünungen gesprochen, die der Staat fördert. Angenommen, die Pacht würde jetzt so hoch sein, dass ich mir das nicht mehr leisten kann, weil ich auf eigene Kosten diese Begrünung nach dem 15. Oktober anbaue, dann muss ich auf die verzichten. Das ist das eine.

 

Martin:

[1:33:59] Das andere ist, wir haben vorher gesprochen über die Kulturen, die am meisten Geld bringen. Je geringer sozusagen die Marge wird, die mir zwischen Pacht und dem, was ich einnehmen kann, jetzt auf allen meinen 260 Hektar oder unseren 260 Hektar einnehmen kann, desto mehr bin ich gezwungen, nur noch die Kulturen anzubauen, die die meiste Kohle bringen. Das heißt, die Vielfalt wird schrumpfen und muss auch schrumpfen, weil sonst kann ich irgendwann nicht mehr überleben. Also der Pachtpreis, der muss einfach eine Freiheit erlauben, dass man einerseits die Begrünungen erleisten kann, wenn sie nicht mehr gefördert werden, dass man solche Dinge umsetzen kann, dass man eine Fruchtfolge einhalten kann, wo ich noch auf ein Sechstel oder ein Sechstel, Ochtel der Flächen Kleegras anbaue. Je teurer die Pacht, desto weniger oft werde ich auf meine Fläche mit diesem Kleegras kommen können. Weil das ist keine Einnahmequelle für mich. Das ist nur ein Stilllegen der Flächen. Dort verdiene ich nichts. Das heißt, wenn die Pacht sehr hoch ist und das auf dem ganzen Betrieb, dann zwingt mich der Verpächter letztendlich dazu, dass ich auf das Kleegras verzichte. Aber dann kommen wir irgendwann auf einen Punkt, wo ich sage...

 

Martin:

[1:35:16] Und regenerativ geht sie jetzt für mich nicht mehr aus. Ich kann mir es nicht mehr leisten, dass ich was stühle, ich kann mir nicht leisten, dass ich Pflanzenkulturen anbaue, die nicht den maximalen Gewinn ermöglichen, weil es einfach nicht so viel kosten am Markt, weil sie aber gut für den Boden werden. Vielleicht bin ich ein Genie und ich habe mir irgendwas ganz Tolles einfallen lassen. Aber so allgemein gesagt, muss irgendwo zwischen Pacht und dem, was am Ende im Schnitt überbleibt pro Hektar, muss es sich ausgehen, dass man auch was zurückinvestiert in den Boden. Dass man beispielsweise einen Kompost zukauft und den auch ausbringt, was irrsinnig viel Geld kostet. Dass man Mikronährstoffe, fehlende Nährstoffe, die im Boden schon lange nicht mehr im ausreichenden Maße vorhanden sind, das haben wir noch gar nicht angesprochen, dass ich die zukaufe und auch wieder ausbringe, dass ich andere organische Dünger zukaufe und die ausbringe. Irgendwie muss ich meinen Kreislauf ja schließen und man kann definitiv, das könnt ihr auch auf meinem Betrieb machen, ich kann sicher 10, 20 Jahre noch so wie früher, so wie immer weiterwirtschaften und kann davon leben, aber bis zu meiner Pension schafft, weiß ich nicht, aber was dann fix ist, ist, dass ich meinen Kindern nicht empfehle. Den Betrieb weiterzumachen, weil dann war ich der reiche Vater und sie sind die armen Kinder.

 

Martin:

[1:36:35] Irgendwer muss das aufbauen wieder. Jetzt sind wir an dem Punkt, wo wir aufbauen müssen und Aufbau kostet Geld, das kommt nicht von alleine. Und es wird auch nicht, es wird kein Staat dieser Welt schaffen, dass er das alles so subventioniert, dass er es selber, dass das der Staat aufbaut durch Regularien und durch, Förderungen und durch Gelder für das Ganze. Das muss auch von sich aus passieren und, Wenn die Pacht wahnsinnig hoch ist, dann kann es nicht von sich aus passieren.

 

Willy:

[1:37:07] Ja, aber wie soll das dann gehen? Du hast vorher gesagt, wenn bei uns Großgrundbesitzer sind, die verpachten, sie mögen doch bitte an den regenerativ wirtschaftenden Landwirten verpachten. Jetzt habe ich als Grundbesitzer natürlich auch, wenn die Inflation steigt, die Preise steigen rundherum, alles wird teurer im Moment. War das die Frage? Durch das Interesse, dir diese Kosten weiterzugeben, weil ich lebe ja dann quasi von meinem Grundeinkommen. Das heißt, führt das nicht langfristig ohnehin dazu, dass die Pachtpreise steigen werden und dass du dann auch wieder nicht mehr zu bewirtschaften kannst?

 

Martin:

[1:37:43] Als Grundbesitzer lebt fast niemand von der Pacht, weil das viel zu gering ist. Und es kann auch gar nicht so hoch werden, dass jetzt der Grundbesitzer von seiner Pacht lebt. Es reinhört wirklich irrsinnig viel. Aber was schon ist, Grund und Boden, fruchtbarer Boden, ist eine irrsinnig gute Geldanlage, weil das wird immer weniger. Jeden Tag betonieren wir, ich weiß nicht, wie viele Hektar zu, 20, glaube ich?

 

Willy:

[1:38:12] 12 oder 12, oder? Zwischen 12 und 20.

 

Martin:

[1:38:15] Viel zu viel betonieren wir zu, das heißt, 12 Hektar fruchtbarer Boden wird jeden Tag weniger. Und das heißt, die Nachfrage nach fruchtbarem Boden, nach Ackerland, die steigt jeden Tag. und damit auch der Preis. Das heißt, Geldanlage im fruchtbaren Boden, als dieses Geld ist dort geparkt, ja, das zahlt sich aus für diese Grundbesitzer. Über die Pacht reich werden zu wollen, ist ein Schwachsinn.

 

Martin:

[1:38:43] Derjenige, der diesen Boden saniert, wenn man es jetzt mit einer Immobilie vergleicht, ist der Bauer. Der Grundbesitzer, der zahlt nichts dafür, der hat auch keine Wartung, die er finanzieren muss oder sonst was, wie bei einer Immobilie, wenn ich jetzt eine Wohnung kauf und ich greife die 40 Jahre nicht an, naja, dann werde ich einiges sanieren müssen, dass dort überhaupt noch ein Mieter reingeht oder dass da noch irgendein Mieter auch halbwegs was dafür bezahlen möchte und diese Kosten trägt der, der die Immobilie besitzt. In einem Verhältnis, wie es bei uns ist, Pächter und Verpächter, ist es so, dass der Besitzer des Ackers eigentlich keine Kosten hat. Der kriegt halt seine Bocht jedes Jahr und der Bauer kann dort etwas erwirtschaften, sollte aber auch dafür sorgen, dass dieser Grund, dieser Acker gewartet, saniert und in Schuss geholfen wird. Das sind die Kosten vom Bauern. Und je weniger dem Pächter jetzt überbleibt, um das zu sanieren, desto weniger kann er es machen. Weil es ist ja nicht seins.

 

Martin:

[1:39:51] Er macht es ja für den anderen. Natürlich macht er es ja langfristig, dass dort auf dem Acker für sich selbst noch etwas wächst, aber nur unter der Voraussetzung, dass er es auch pachten kann. Aber wenn die Pachteräuser so weit steigen, dass ich mir die Sanierung nicht leisten kann und kann es halt so lange pachten, ist das so degradiert ist, dass nichts mehr wächst und dann kann ich es dann zurückgeben. Und muss halt selber die Sanierung zahlen.

 

Student:

[1:40:14] Gibt es bei Pachten sowas, wie es bei Mieten so Mietpreisbremsen gibt oder könnte es da rein theoretisch ins Unendliche gehen?

 

Martin:

[1:40:23] Im Landpachtgesetz ist das eher schwammig niedergeschrieben, und es, regelt sich der Markt selbst. Wobei man dazu sagen muss, dass es halt nicht nur Landwirte gibt, die langfristig denken, sondern es gibt halt auch wenige, die kurzfristig einfach das meiste rausholen wollen. Und da wird halt dann das anbaut, was am meisten Geld bringt und das, was ihr Geld kostet, wird unterlassen. Und das kann man auch ein Teil lang machen. Und die fahren dann teilweise mit einem Preis rein, der weder für die Gesellschaft noch für den Boden noch für irgendein langfristiges Denken sinnvoll ist. Das passiert schon, aber es gibt keine Regularien dazu.

 

Student:

[1:41:16] Also die Frage ist jetzt nicht zu Pachtverträgen, sondern eher etwas persönlicher. Aber du hast ja an der BOKU studiert und denkst du vielleicht, dass dein Studium dich sehr geprägt hat, dass du jetzt mehr über regenerative Landwirtschaft nachdenkst und hättest du das nicht studiert, wüsstest du vielleicht auch gar nicht so viel drüber und würdest du nicht wirklich Gedanken darüber machen?

 

Martin:

[1:41:41] Das hat sehr wenig mit der BOKU zu tun. Auf der BOKU wird alles gelehrt. Da wird was über die konventionelle Landwirtschaft gelernt. Da wird gesagt, es gibt D&D und die Bodenbearbeitung, es gibt das und das. Die und die Nährstoffe, das ist ein Fundament und diese Einstellung, dass man eigentlich regenerativ wirtschaften muss, die, hat sich zwangsläufig entwickelt, weil ich halt genau hinschaue, was draußen passiert. Und wenn man da am Land lebt und auf seinen Feldern wirtschaftet, dann fährt man offen in Auges durch die Landschaft und sieht ja auch, was alle Kollegen machen und was dann mit den Feldern passiert. Man fährt dann bei einem starken Niederschlag durch die Gegend, schaut sich auch, was passiert da. Man weiß auch, was die einzelnen Leute so an Maßnahmen getroffen haben und man beobachtet und lernt daraus.

 

Martin:

[1:42:36] Und das und der Kontakt mit anderen und das Anschauen von Vorträgen, Anhören von Vorträgen und selbst weiterbilden, hat mich in diese Richtung viel mehr gebracht, als jetzt die BOKU. Und in meiner Region, sage ich jetzt mal, sind einige so junge Landwirte, wie ich jetzt bin. Da hat jeder was anderes gemacht oder jeder hat irgendeine andere Ausbildung, die waren nicht unbedingt alle auf der BOKU und haben trotzdem die gleiche Einstellung. Und ich würde auch sagen, dass vieles von dem Wissen und von dem Gefühl und von der Erfahrung, die ich jetzt habe, die noch lange nicht am Ende ist, ist selbst erarbeitet und jetzt nicht unbedingt von der Boku mitgenommen. Das ist eher ein Fundament.

 

Willy:

[1:43:24] Jetzt habe ich jetzt, was mir jetzt auffällt, in allem, was wir jetzt diskutieren, steckt irgendwo so der Widerspruch zwischen kurzfristigen Profiten oder kurzfristiger Maximierung von irgendwas und langfristigem Denken. Langfristige Denken ist irgendwie so das Gescheitere, aber trotzdem sagst du, nur 20 oder 10 Prozent machen diese Bodenbearbeitung oder arbeiten die Zwischenfrüchte ein. Die meisten, es besteht scheinbar irgendein Anreiz, immer noch dieses Kurzfristige gegenüber dem Langfristigen zu bevorzugen. Siehst du das auch so? Und wenn ja, was braucht es? aus deiner Sicht, damit wir aus diesem Kurzfristigkeitsdilemma rauskommen und das, was so aus Nachhaltigkeit immer herumgereicht wird, wirklich erreichen.

 

Martin:

[1:44:13] Es muss nur ausreichend wehtun, glaube ich. Die Schmerztheorie. Ja, also das ist ja nicht in der Landwirtschaft so. Ich meine, schauen wir uns um. Wie lange fliegen wir noch für ein Wochenende nach Barcelona? Oder wie lange fliegen wir noch generell durch die Weltgeschichte?

 

Willy:

[1:44:31] Betroffenes Lächeln hier im Raum.

 

Martin:

[1:44:34] Naja, es ist jetzt nicht so, dass ich noch nie geflogen bin.

 

Willy:

[1:44:39] Du pflügst mir.

 

Martin:

[1:44:43] Entschuldigung. Ich blühe gar nicht, wir besitzen gar keinen Flurk. Über das könnt ihr alle auch nicht eine Stunde reden.

 

Willy:

[1:44:48] Nein, nein, nein, machen wir jetzt.

 

Martin:

[1:44:49] Nein, ich verzichte drauf. Aber wenn es stark genug wehtut, ist es vielleicht schon zu spät.

 

Willy:

[1:44:58] Entschuldigung, das erdeppert immer darauf ordnen, dass was wehtut. Sollten wir nicht aus denkenden Individuen in der Lage sein, uns in der Angefristigkeit irgendwie zu verordnen?

 

Martin:

[1:45:08] Ja, sollte man eigentlich. Ein großer Teil ist auch so und tut das so, aber ein noch viel größerer Teil, dann ist es wurscht anscheinend. Solange man ja noch davon leben kann, kann ich mir das selber auch leisten. Aber wenn ich jetzt in so einem Schlamassel wäre, dass ich mir diese ganzen Späße, die ich da anstelle, gar nicht leisten kann, dann kann ich auch nicht drüber nachdenken und dann kann ich halt nur mehr überleben und nur mehr schauen, dass ich das meiste da raushole, dass ich überhaupt überlebe. Das ist jetzt ein bisschen ein größeres Denken, aber wir alle leben heute in einer Welt, wo wir den Luxus haben, dass wir uns über viele Dinge Gedanken machen können, bei sowas wie Nahrungsmittelsicherheit und Wohnung und Dach über dem Kopf, das ist eh Standard. Jetzt können wir uns über andere Dinge Gedanken machen und in vielen anderen Teilen der Welt, wo sich immer zuerst Gedanken darüber machen.

 

Willy:

[1:46:07] Die Massen haben schöne Bedürfnensbüro mit.

 

Martin:

[1:46:09] Der Rest ist auch nicht wurscht. Das Langfristige ist halt was, was man nicht unmittelbar gespielt. Wenn ich heuer weniger Ertrag habe, gespiele ich unmittelbar, ich habe jetzt weniger Geld. Wenn es der Nachbar anders gemacht hat und sich einen neuen Traktor leisten kann, dann fängt vielleicht der eine oder andere zum Überlegen an. Und das ist halt auch was, wo man oft einen langen Atem braucht. Wenn du was umstellst in dem Ökosystem Boden, ist das nicht sofort auch spürbar besser. Manchmal geht auch was schief und dann zahlst erst recht drauf. Und wenn du da nicht fix dran glaubst und das auch eine lange Zeit durchziehst, dann...

 

Willy:

[1:46:48] Ja, aber wer soll es richten? Also wir haben ja immer auch die Frage nach den handelnden Akteurinnen und Akteuren, die da verantwortlich sind für das Ganze. Braucht es mehr Staat, mehr Regulierung? Ist auch schon ein bisschen mitgeschwungen heute da im Raum, dass man einfach sagt, wirklich die Nachhaltigkeit vor Ort. Dann staatlicherseits, braucht es mehr innovative oder idealistisch intrinsisch motivierte Unternehmer und Landwirte wie die oder muss der Konsument einfach beinahe an der Kasse sagen, ich kaufe nur noch, ich brauche noch ein Label für gesünde Böden und dann die Konsumentin sagt dann beinahe ich kaufe nur noch das, damit sich die Welt zu einem positiven wandelt. Wer hat den größten Hebel in der Hand?

 

Martin:

[1:47:27] Ohne. Der Konsument natürlich, der jeweilige Bauer natürlich, weil, wie ich vorhin schon gesagt habe, diese Gemeinschaften, die sich da gebildet haben, an Bauern, die versuchen, das auch in die Breite zu tragen, wie man das alles umsetzen kann und machen kann, die haben sich ja aus den Bauern herausgebildet und die versuchen, möglichst viele andere mitzureißen. Und ich habe davon profitiert. Ich bin ja gar nicht der, der sowas angestoßen hat. Ich bin ja nicht der Urpionier sozusagen von dem Ganzen, sondern ich bin auch auf den Zug im Laufe der letzten, weiß ich nicht, 10, 20 Jahre aufgesprungen, seit ich heute auch was mitzureden habe in dem Betrieb. Und genauso wird es vielleicht mit allen anderen jungen Leuten sein. Die springen dann auch noch auf den Zug auf. Der Staat ist stark hinterher, kann sicher auch was bewirken. Fördermittel bewirken immer irgendwas. Es ist halt immer die Frage, was und es passiert eh viel. Es geht noch nicht schnell genug und wenn es schmerzhafter wird für die, die sich noch nicht darum bemühen, dann werden die auch zum Nachdenken anfangen, glaube ich. Oder wenn es ganz, ganz viele gibt, die das vormachen und beweisen, dass es funktioniert, vor allem in schwierigen Jahren dann am Ende besser darstellen, dann wird es Nachhinein ergeben. Positive Beispiele. Das denke ich schon. Ja, positive Beispiele sind immer gut.

 

Willy:

[1:48:55] Okay, okay. Wie schaut es bei euch noch mit Fragen aus? Schön. Martin, welche Frage, die wir dir nicht gestellt haben, würdest du trotzdem gerne beantworten?

 

Martin:

[1:49:07] Das ist verdammt schwierig. Es sind eh viele sehr, sehr gute Fragen.

 

Willy:

[1:49:14] Naja, ich habe eine noch, für den Fall, dass du es nicht beantworten willst, dann stelle ich sie dir trotzdem. Okay, war ein Satz. Dieses Verhältnis immer noch zwischen kleinbetrieblichen, familiären Unternehmen, also Landwirtschaften und Großunternehmen. Wie siehst du das, wenn in Zukunft einfach, du sagst, Flächen müssen immer größer werden oder Betriebe müssen immer größer werden, weil die Renditen pro Fläche immer geringer werden. Das heißt, du kannst es nur noch in größeren Strukturen mehr oder weniger abbilden. Können das familiär geführte Unternehmen leisten oder geht da aus deiner Sicht irgendwas verloren?

 

Martin:

[1:49:55] Das können sicher familiär geführte Betriebe leisten. Sie werden halt auch größer. Und je größer sie werden, desto schwieriger wird es, dass man einen Bezug zu dem jeweiligen Boden hat, den man bewirtschaftet. Ich finde man könnte gerne aufhören mit dem immer größer, immer weiter, immer schneller immer höher wo will man hin, irgendwann gibt es da noch mehr einen Familienbetrieb der ganz Österreich befürchtet wo endet das, irgendwann muss es ja enden und ja wenn es nach mir geht, muss es nicht größer werden wenn ich so bleiben wie ich jetzt bin, wenn ich davon leben kann dann passt das für mich dann müssen wir auch nicht mehr wachsen.

 

Willy:

[1:50:38] Gibt es irgendwo eine Größe, wo du sagst, für einen Ackerbaubetrieb, das ist eine Betriebsgröße, bis zu dorthin kenne ich meine Förder noch, da habe ich noch einen Bezug, gibt es irgendwo so einen Wert, wo du sagst, da geht dann der Bezug verloren?

 

Martin:

[1:50:55] Es gibt wahrscheinlich auch Betriebe, die fünfmal so groß sind oder zehnmal so groß wie wir und machen das auch irrsinnig gut. Das möchte ich niemandem unterstellen. Irgendwann, wenn man dann 5.000, 10.000 Hektar hat, wird es wahrscheinlich schwierig zu überblicken. Und dann wird es schwierig, dass ich selber die Bodenproben nehmen gehe und dass ich da selber überall draußen bin und das alles noch unter Kontrolle habe. Aber da jetzt eine Zahl zu nennen jetzt drehen.

 

Willy:

[1:51:26] Wir den Spieß zum Schluss einfach um, ich habe ja gesagt, du kannst dir überlegen, ob du eine Frage an unsere studentischen Kolleginnen und Kollegen hier hast, was du gerne auch von der du bist ja selber noch jung aus meiner Sicht, von der Jugend und der nächsten Generation gerne wissen würdest an angehenden Wirtschaftsstudentinnen und Studenten

 

Martin:

[1:51:45] Warum studiert ihr gerade Wirtschaft und was wollt ihr nachher damit machen?

 

Willy:

[1:51:50] Freiwillige Fortsetz, das mache ich wieder so mit meinem Stift und weiter auf irgendwen.

 

Martin:

[1:51:56] Was war da ansparend, dass ihr das eingeschlagen habt zu diesem Weg?

 

Student:

[1:52:02] Ich glaube, dass Wirtschaft etwas ist, was auch ich sage mal, ich würde es jetzt nicht vergleichen natürlich mit Landwirtschaft, aber es ist auch eine Sache, die nicht wirklich aussterben wird. Also es funktioniert sehr gut und es gibt sehr, sehr viele Bereiche. Also ich kann jetzt nur für mich sprechen, dass auch viele mit dem Wirtschaftsstudium anfangen, weil sie noch nicht wirklich wissen, was sie machen möchten, aber wissen, dass der Bereich gesichert ist und die Optionen dir immer freistehen und ich glaube deswegen auch, wenn man zum Beispiel auch auf die Landwirtschaft schaut, ist es sehr wichtig, diese Logistik zu wissen, zu wissen, wo man was bewirtschaftet und so weiter. Also da gehört auch so ein bisschen ein wirtschaftliches Denken dazu. Deswegen finde ich, dass eigentlich in jedem Aspekt des Lebens ein bisschen Wirtschaft dazugehört und wenn man es dann studiert, hat man irgendwie den Überblick über allem einmal.

 

Willy:

[1:52:52] Wir haben jetzt viel über Nachhaltigkeit gehört. Wer ist jetzt eigentlich davon schon überzeugt, zum Beispiel nach diesem Gespräch, dass in seiner, ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit der Anspruch da ist, das Ganze auch so ein bisschen in diesem nachhaltigen Sinne dann auch umzusetzen, umsetzen zu wollen?

 

Student:

[1:53:12] Ja, also ich studiere Wirtschaft, Umwelt, Politik, was halt eigentlich da, wo wir gerade die letzten eineinhalb Stunden drüber geredet haben, dass alles, denke ich, sehr gut verbindet, Umweltdenken, politisches Denken und wirtschaftliches Denken und eben diese ganzen Zusammenhänge zu verstehen und dann vielleicht auch irgendwo zu arbeiten, wo man wirklich vielleicht endlich ja mal irgendwo, wo ich tatsächlich vielleicht überdenken kann, wie man Landwirten hilft, dass sie regenerativ wirtschaften, weiß ich nicht, wo ich vielleicht mal ändere. Ich denke, damit kann man schon viel machen, vor allem, wenn man solche Zusammenhänge auch versteht und verstehen lernen kann.

 

Willy:

[1:53:59] Hast du noch Fragen?

 

Martin:

[1:54:00] Fragen nicht, aber ich könnte noch was dazu sagen. Ja, bitte. Also die Idee, dass man jetzt den Boden wieder aufbaut oder dass man das irgendwie so macht, dass das nicht schlechter wird, weil es ist, die kann man ja auf alle Bereiche umlegen. Ich habe jetzt kürzlich im Vortrag gehört, wo gesagt worden ist, dass von allem aus wir so produzieren, Sonnenbrille, Mikrofon, Handy, was auch immer, werden nur 30% der Stoffe, die da für das Produzieren notwendig sind, eigentlich recycelt werden. Und die werden nicht wirklich recycelt, sondern downgecycelt. Also die werden in einem anderen Prozess, finden sie die wieder. Und es wird nicht aus einem Mikrofon wieder ein Mikrofon, sondern aus den Bestandteilen wird halt irgendwas Minderwertiges. Und der Rest, das ist an einem 70%, kommen auf irgendeiner Müllhalde und dann verbrennt oder was auch immer und das ist halt eigentlich ein krankhaftes System, das wir nicht nur in der Landwirtschaft haben, sondern überall in der Wirtschaft und in unserer Welt. Es muss halt in Wahrheit überall nur noch so etwas produziert werden, was danach auch wieder einen Wert hat für zukünftige Generationen oder was nicht einfach auf einer Müllhalde landet, sondern was er wieder in die Einzelteile zerlegen kann und wieder verwenden kann. Wir haben uns schon viel zu weit aus dem Fenster gelehnt und es gibt eh so die ganzen Earth-Overshoot-Days und was weiß ich was.

 

Willy:

[1:55:29] Peak-Everything.

 

Martin:

[1:55:30] Ja genau, also das wissen wir ja alles und wir wissen auch wie es geht. Es ist nur eins teuer. Und ja, das hat jetzt ihr gefragt. Erfindet Dinge, Systeme, Produktionsmechanismen, wo, Weil es so wiederverwendet werden kann, dass es leihwand ist, dass es mit dem iPhone mithalten kann und dass es aber trotzdem nicht in der Sackgasse landet, wenn es nicht mehr verwendet wird, sondern wieder irgendwo eine Verwertbarkeit findet und nicht zu teuer ist. Das sind, glaube ich, die Herausforderungen für die Zukunft. Das hätte ich gefragt.

 

Willy:

[1:56:05] Das war quasi ein Plädoyer für die Kreislaufwirtschaft ganz zum Schluss. Landwirtschaft ist ja wahrscheinlich das beste Beispiel für, wenn es funktioniert, für funktionierende Kreislaufwirtschaft, oder?

 

Martin:

[1:56:15] Überall braucht es eine Kreislaufwirtschaft. Seien wir ehrlich.

 

Willy:

[1:56:18] Bis es uns schwindelig wird.

 

Martin:

[1:56:19] Ja, genau.

 

Willy:

[1:56:21] Okay, klar, mit dem lassen wir es jetzt bleiben. Wir haben einen wunderschönen, wunderbaren, kreativen Satz zum Abschluss aufgeschrieben. Danke für das Mitdiskutieren. Heute war es wirklich sehr aktiv. Ich hoffe, es hat euch, ihr habt einen Einblick gekriegt in die Praxis von einem Menschen und seiner Lebensrealität und vielleicht ein bisschen ein tieferes Verständnis von Landwirtschaft und was für Bedeutung sie dann auch im Kontext von Wirtschaft, Gesellschaft etc. Hat. und möge auch der Boden auf eurem Acker fruchtbar sein, ihr lieben Demiker. Pfiat euch.

 

Music:

[1:57:02] Music